Aktuelles | 07.09.2023 | Penguin, der Hörverlag

Walter Moers im Gespräch über »Die Insel der Tausend Leuchttürme«

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Der lange erwartete neue Zamonienroman ist da!

Endlich ist er da, der von so vielen sehnsüchtig erwartete, große neue Roman von Walter Moers: »Die Insel der Tausend Leuchttürme« ist ein mit über hundert Zeichnungen illustriertes Epos über den selbstlosen Kampf einer verschworenen Gemeinschaft, die alles dran setzt, die Welt vor der Apokalypse zu retten. Und mittendrin der nichts als Erholung suchende Schriftsteller Hildegunst von Mythenmetz als dem gnadenlosen Schicksal ausgelieferter Held wider Willen, der sein größtes Abenteuer unmittelbar und wortgewaltig für uns aufzeichnet und bebildert.

Walter Moers hat uns ein paar Fragen zu den Hintergründen und literarischen Vorbildern seines neuen Werks beantwortet:

Moers W.,Die Insel der Tausend Leuchttürme

Im September erscheint dein von vielen sehnsüchtig erwarteter neuer Roman „Die Insel der Tausend Leuchttürme“. Es ist ein sehr umfangreiches Buch geworden, etwa 650 Druckseiten mit über 100 Illustrationen. Etwa ein Drittel dieses Romans hast du mir schon vor etlichen Jahren geschickt. Die Leseprobe endete damals mit einem ziemlich gemeinen Cliffhanger… Wieso hat es denn so lange gedauert?

 

Walter Moers: Hat es wirklich so lange gedauert? Mir ist das tatsächlich nicht bewusst, ich bemerke es immer erst dann, wenn man es mir vorrechnet. Das liegt vielleicht daran, dass ich immer an mehreren langfristigen Projekten parallel arbeite. Von außen betrachtet sieht das vielleicht aus wie ein Schneckenrennen: Welches lahme Kriechtier kommt als erstes ins Ziel? Bei der „Insel“ war es so, dass ein langjähriges Illustrationsprojekt dazwischenkam, die Comicfassung von „Die Stadt der Träumenden Bücher“, außerdem noch andere Romane wie „Prinzessin Insomnia“ oder „Der Bücherdrache“. Grundsätzlich bin ich aber ein nervöser Mensch und ungeduldiger Arbeiter. Dass ich dicke Romane schreibe, deren Herstellung Jahre beansprucht, passt eigentlich überhaupt nicht zu mir.

 

Du hast für die „Insel“ eine Form gewählt, die neuerdings wieder richtig in Mode gekommen ist, aber lange als überholt galt: den Briefroman. Warum?

 

W.M.: Auch das ist mir wieder mal entgangen. Die direkte Ansprache des Lesers ist einfach ein Stilmittel, mit dem ich gerne arbeite, insofern war auch schon „Die Stadt der Träumenden Bücher“ ein verkappter Briefroman. Die Form gilt völlig zu Unrecht als verschnarcht: Einer der spannendsten und erfolgreichsten phantastischen Romane der Literaturgeschichte - Bram Stokers „Dracula“ - ist ein auch heute noch hochmodern wirkender Briefroman, der wieder und wieder verfilmt wird. Das Gleiche gilt für Mary Shelleys „Frankenstein“. Ich habe die Arbeit an der „Insel“ aber in erster Linie als Huldigung an H. P. Lovecraft empfunden, der ebenfalls sehr gerne mit der direkten Ansprache des Lesers gearbeitet hat und ein obsessiver Briefeschreiber war. Dass die „Insel“ auch als Parodie eines Forschungsberichts daherkommt, hat sie insbesondere Lovecrafts „Berge des Wahnsinns“ zu verdanken, einem Horrorroman im Gewand eines Berichtes über eine Antarktis-Expedition.

 

Unabhängig davon, dass man sehr viele Anspielungen an deine literarischen Vorbilder zu erkennen meint, entdecke ich in der Insel auch eine Menge Humor. Parodien auf den Kur- und Kulturbetrieb, auf Sport, auf Museumsbesuche und vieles mehr. Vor allem aber lese ich die „Insel“ mit ihrer großen apokalyptischen Erzählung auch als Parodie auf das gesamte Weltuntergangs-Genre – Film und Literatur. Welche „Vorbilder“ hattest du vor Augen?

 

W.M.: Zu den wichtigsten Lektüreerfahrungen meiner Jugend gehören die Bücher von H.G. Wells und Jules Verne, deren Themen und Motive ja bis zum heutigen Tag in Literatur und Film endlos plagiiert, parodiert und recycelt werden. Sie haben das Vergnügen am Aufbau von phantastischen Welten und ihrer anschließenden lustvollen Zerstörung bei mir schon frühzeitig geweckt. Apokalyptische Naturkatastrophen, Invasionen aus dem Weltall oder dem Inneren der Erde, Riesenspinnen und Oktopusse, die ganze Schiffe versenken – wer kann dazu schon nein sagen?

Wolfgang Moers Hummdudel

Copyright Walter Moers

Mit deinem zweiten Zamonien-Roman „Ensel & Krete“ hast du dir ein schriftstellerisches Alter Ego an die Seite gestellt: den Lindwurm Hildegunst von Mythenmetz. Unter „Walter Moers“ spielt du dann „nur“ noch die Rolle des Übersetzers – und des Illustrators! Bei der „Insel“ machst du Mythenmetz erstmals nicht nur zum Ich-Erzähler, der Briefe schreibt, sondern auch zum „Illustrator“. Warum?

 

W.M.: Am Anfang habe ich tatsächlich gedacht, dass ich mir die zeichnerische Arbeit diesmal leichter machen kann, indem ich das Buch mit Bleistiftzeichnungen illustriere statt mit meinen üblichen aufwändigen Tuscheschraffuren. Die Grundidee dabei war, dass Mythenmetz, der eigentlich nur ein mediokrer Zeichner sein sollte, diese Illustrationen selbst fertigt und sie deswegen weniger elaboriert sein müssen. Aber damit habe ich mir ins eigene Knie geschossen. Am Anfang der Illustrationsarbeit, die sich über viele Jahre hinzog, waren die Zeichnungen noch verhältnismäßig simpel. Als ich aber etwa bei der Hälfte der Arbeit die aktuellen Bilder mit den alten verglich, habe ich bemerkt, dass die neuen handwerklich erheblich besser waren – Mythenmetz hatte also im Laufe des Illustrationsprozesses derart Zeichnen gelernt, dass die Bilder nicht mehr zueinander passten. Also musste ich die meisten der älteren Illustrationen nochmals neu zeichnen. Hätte ich alles gleich in Tusche gezeichnet, wäre es aufwandsmäßig die gleiche Arbeit gewesen.

 

In der „Insel“ spielt die zamonische Natur eine überragende Rolle – sie ist, neben Mythenmetz, der große Protagonist. Bist du ein Naturromantiker?

 

W.M.: Nein. Natur macht mir Angst. Wenn ich einen Wald sehe, denke ich an Zecken, wenn ich ein Meer sehe, an Haie, und wenn ich Berge sehe, an Lawinen. Was soll denn daran romantisch sein?

 

Es gibt auch wieder ein Hörbuch der „Insel“, gelesen von Andreas Fröhlich. Auf Lesereise im November geht allerdings Christoph Maria Herbst. Wie kommt´s?

 

W.M.: Das hat organisatorische Gründe. Andreas Fröhlich hat das Hörbuch wie immer grandios eingesprochen, mit seiner einzigartigen Fähigkeit, die unterschiedlichen Daseinsformen stimmlich subtil und originell darzustellen und jeder eine unverwechselbare Klangfarbe zu geben. Auch wie Andreas den Humor des Textes herausarbeitet, hat mich beeindruckt. Aber er stand aus terminlichen Gründen für die Lesetournee nicht zur Verfügung. Da haben wir uns daran erinnert, dass Christoph Maria Herbst schon einmal aus dem Blaubärroman vorgelesen hat und wir das alle superb fanden. Dass Herbst diese Lesetournee übernommen hat, hat den Verlag und mich sehr beglückt. So wird die „Insel“ also von zwei der besten Stimmen Deutschlands interpretiert, ein Superluxus, der nicht jedem zuteil wird.

Das Gespräch führte Wolfgang Ferchl, der langjährige Verleger von Walter Moers.

 

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