Mit deinem zweiten Zamonien-Roman „Ensel & Krete“ hast du dir ein schriftstellerisches Alter Ego an die Seite gestellt: den Lindwurm Hildegunst von Mythenmetz. Unter „Walter Moers“ spielt du dann „nur“ noch die Rolle des Übersetzers – und des Illustrators! Bei der „Insel“ machst du Mythenmetz erstmals nicht nur zum Ich-Erzähler, der Briefe schreibt, sondern auch zum „Illustrator“. Warum?
W.M.: Am Anfang habe ich tatsächlich gedacht, dass ich mir die zeichnerische Arbeit diesmal leichter machen kann, indem ich das Buch mit Bleistiftzeichnungen illustriere statt mit meinen üblichen aufwändigen Tuscheschraffuren. Die Grundidee dabei war, dass Mythenmetz, der eigentlich nur ein mediokrer Zeichner sein sollte, diese Illustrationen selbst fertigt und sie deswegen weniger elaboriert sein müssen. Aber damit habe ich mir ins eigene Knie geschossen. Am Anfang der Illustrationsarbeit, die sich über viele Jahre hinzog, waren die Zeichnungen noch verhältnismäßig simpel. Als ich aber etwa bei der Hälfte der Arbeit die aktuellen Bilder mit den alten verglich, habe ich bemerkt, dass die neuen handwerklich erheblich besser waren – Mythenmetz hatte also im Laufe des Illustrationsprozesses derart Zeichnen gelernt, dass die Bilder nicht mehr zueinander passten. Also musste ich die meisten der älteren Illustrationen nochmals neu zeichnen. Hätte ich alles gleich in Tusche gezeichnet, wäre es aufwandsmäßig die gleiche Arbeit gewesen.
In der „Insel“ spielt die zamonische Natur eine überragende Rolle – sie ist, neben Mythenmetz, der große Protagonist. Bist du ein Naturromantiker?
W.M.: Nein. Natur macht mir Angst. Wenn ich einen Wald sehe, denke ich an Zecken, wenn ich ein Meer sehe, an Haie, und wenn ich Berge sehe, an Lawinen. Was soll denn daran romantisch sein?
Es gibt auch wieder ein Hörbuch der „Insel“, gelesen von Andreas Fröhlich. Auf Lesereise im November geht allerdings Christoph Maria Herbst. Wie kommt´s?
W.M.: Das hat organisatorische Gründe. Andreas Fröhlich hat das Hörbuch wie immer grandios eingesprochen, mit seiner einzigartigen Fähigkeit, die unterschiedlichen Daseinsformen stimmlich subtil und originell darzustellen und jeder eine unverwechselbare Klangfarbe zu geben. Auch wie Andreas den Humor des Textes herausarbeitet, hat mich beeindruckt. Aber er stand aus terminlichen Gründen für die Lesetournee nicht zur Verfügung. Da haben wir uns daran erinnert, dass Christoph Maria Herbst schon einmal aus dem Blaubärroman vorgelesen hat und wir das alle superb fanden. Dass Herbst diese Lesetournee übernommen hat, hat den Verlag und mich sehr beglückt. So wird die „Insel“ also von zwei der besten Stimmen Deutschlands interpretiert, ein Superluxus, der nicht jedem zuteil wird.
Das Gespräch führte Wolfgang Ferchl, der langjährige Verleger von Walter Moers.
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