Was muss ein Text haben, damit Sie Lust haben ihn als Hörbuch einzulesen?
Annette Frier: Das ist ja wohl die leichteste Frage der Welt. Ich muss Bock auf den Text haben. Ich darf mich auf gar keinen Fall bei der Lektüre langweilen. Im allerbesten Fall fängt man schon während des ersten Lesens an, innerlich mitzuspielen und die Rollen zu verteilen. Dann bin ich ausgeliefert, dann gibt es keinen Weg zurück.
Sophie und der Riese lernen sich ja während der Geisterstunde kennen: Haben Sie als Kind an Gespenster, Riesen und Co. geglaubt? Was hat Sie als Kind gegruselt?
Annette Frier: Na klar. Ich meine, wer kennt das nicht, dass sich dieser Pulli, den man vorhin so achtlos über den Schrank geworfen hat, in der Nacht in ein ganz fieses Geschöpf verwandelt, von dem man überhaupt nicht weiß, was es in der nächsten Minute mit einem machen wird – erstens. Dann habe ich so ganz angstfreie Phasen. Aber ich kann mich ohne Weiteres, wenn ich den falschen Film oder die falsche Lektüre in der Hand hatte, wieder in denselben Pulli von damals reinsteigern. Da schützt mich mein Erwachsensein nur teilweise vor – im Wissen natürlich, dass mir keiner was tut, also dass das bisher noch keiner gemacht hat. Aber so grundsätzlich glaube ich mehr denn je an Geister und Gespenster.
Übernehmen Sie eines oder mehrere der Worte des BFG in Ihren aktiven Wortschatz? Uns gefällt natürlich „ohrenbestäubend“ ganz wunderbar.
Annette Frier: Ich würde am liebsten alle übernehmen. Das gefällt mir außerordentlich. Hier kommen jetzt circa 12.000 Beispiele für Versprecher vom BFG: „keinatmen“, „Alpentraum“, „setzendlich“, „verrasseln“, „exkackt“. „Ekitette“ gefällt mir gut oder „fitzelbitzlich“, „Hirnichgurken“, „Hinternpunkzion“, „Gumminasium“, „Gieraffen“, „Soldatteln“, „halbschlank“, „Pappkorn“. „Matjestät“ - und so weiter und sofort. Ich nehme alles mit nach Hause.
“Schmellertingsraupen”, “winzgewichtliger Saufraßschlingler” und “Wesserbisserei”: Ist es eigentlich anstrengend BFGs Fantasiesprache zu einzulesen? Und gab es ein Wort, das einfach nicht funktionieren wollte?
Annette Frier: Es ist nicht anstrengend, weil es so viel Spaß macht. Aber ich bin ein bisschen glücklich, dass ich gar nicht heiser bin, weil wir jetzt doch zwei Tage lang ein paar Stündchen durchgeschrubbt haben und es schon einen gewissen Druck auf die Kehle ausübt. Aber ich fühle mich gut. Gab es ein Wort, das nicht funktionieren wollte? Ich glaube, bis zum Schluss habe ich einfach „kitzelklein“ nicht herausgekriegt. Ganz einfach: kitzelklein, kitzelkleinlichste Kleinigkeit.
Haben Sie Tipps für alle Eltern, die sich trotz der sprachlichen Herausforderungen an „Sophie und der Riese“ wagen und die Geschichte ihren Kindern selbst vorlesen möchten?
Annette Frier: Also dafür gebe ich keine Tipps. Das macht doch Spaß und ist lustig. Hier so einen cholerischen Vati mal als Riesen anbieten und die Queen als oberschlaue, superwesserbissernde Mutter. Warum denn nicht? Ist alles möglich!
Können Sie sich morgens an Ihre Blinzelblitze erinnern?
Annette Frier: Das ist eine gute Frage. Ich habe jetzt angefangen, Traumtagebuch zu schreiben und ich übe das regelrecht – man merkt, ich bin in das Thema voll eingeschmolzen – und manchmal ja, manchmal nein. Es gibt Kniffe und Tricks. Ich bin aber noch mitten im Lernprozess und kann das noch nicht so gut. Vor zwei Monaten hätte ich viel weniger gewusst, wie ich einen Traum aufschreibe, beziehungsweise wie ich ihn überhaupt besser behalten kann. Und jetzt kann ich das schon etwas besser. Ich denke mal, in zwei Jahren bin ich absoluter super professioneller Traumnacherzähler.
»Gestern noch«, sagte er, »haben wir nich an Riesen geglaubt, stimms? Und heute tun wir nich an Rozzgurken glauben. Bloß weil wir was nich mit unsere eigene Glotzerchen gesehn haben, glauben wir, dass es nich existiern tut. Und was, bitte sehr, ist dann mit den großen Hinkehopps?« Sollten wir wieder mehr Fantastisches für möglich halten?
Annette Frier: Ja! Es steckt sowieso unglaublich viel Weisheit in diesem wunderschönen Buch, wie in den meisten Stücken von Roald Dahl. Und das steht ganz oben auf meiner Liste: „Bitte die Fantasie an die Macht!“ Dann wäre uns viel geholfen.