Dass wir mit unseren Büchern informieren, Diskurse anregen und auch unterhalten wollen, ist das eine. Aber kann man gedruckte Bücher auch klimaschonend und nachhaltig produzieren? Grundsätzlich sind sie die nachhaltigste Form der Informationsspeicherung, man denke nur an teils jahrhundertealte Bibliotheksbestände. Welche Wege aber beschritten werden müssen, um heute möglichst klimaschonend Bücher zu produzieren und die Herstellprozesse einer Verlagsgruppe nachhaltig zu transformieren, erklärt unsere Gesamtherstellungsleiterin Barbara Scheuer im Interview. Sie ist seit Jahren mit diesem Thema befasst.
Barbara Scheuer, welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit im Alltag der Herstellungsabteilung?
Eine sehr große. In den letzten Jahren haben wir intensiv daran gearbeitet, unsere Produkte und Produktionsweisen nach ökologischen Standards umzubauen. Dabei folgen wir dem Grundsatz: Reduzieren oder gar Vermeiden geht immer vor Kompensieren von Emissionen. Wir beraten unsere Kolleg*innen aus den Lektoraten und dem Vertrieb, aber auch unsere Autor*innen kontinuierlich, wie wir hier jeden Tag ein Stück weiterkommen können. Es fällt auf, wie sehr dieses Thema mittlerweile in den Köpfen der Kolleg*innen angekommen ist, worüber wir sehr froh sind.
Wie sieht das in der Praxis aus und was bedeutet das für Produktionsorte und den Einsatz der Materialien?
Teil unserer Nachhaltigkeitsstrategie ist es, so lokal wie möglich zu produzieren. Unsere Bücher werden inzwischen fast ausschließlich in Deutschland und den benachbarten EU-Staaten gefertigt. Wir setzen dabei möglichst nachhaltige und kreislauffähige Produkte ein. Zudem blicken wir fortlaufend auf unsere Prozesse und Lieferketten, um weitere Bereiche zu identifizieren, in denen wir Emissionen reduzieren können.
Was bedeutet in diesem Zusammenhang „Cradle to Cradle“?
Das ist derzeit der Goldstandard für eine ökologisch verträgliche Produktion von Waren und wird von unabhängiger Seite zertifiziert. Gemeinsam mit unserem Druckpartner GGP können wir jetzt Bücher in großem Umfang auf diese Weise fertigen lassen. Alles wird so konzipiert, dass das Produkt am Ende seines Lebenszyklus‘ wieder in biologische oder technische Kreisläufe zurückgeführt werden kann. Alle verwendeten Materialien werden von Umweltinstituten auf ihre Umwelt- und Gesundheitsverträglichkeit überprüft und speziell für umfassendes Recycling beziehungsweise Kompostierung entwickelt. Wir drucken, wenn nicht in Deutschland, vor allem im EU-Ausland, immer auf Papier aus nachhaltiger Forstwirtschaft (FSC) mit komplett recycelbaren Pflanzenölfarben. Auf das Einschweißen der Bücher verzichten wir auch.
Warum können nicht alle Novitäten im "Cradle to Cradle"-Verfahren produziert werden?
Mit den weiter oben beschriebenen Maßnahmen, wie Vermeidung von Emissionen durch zertifizierte Materialien oder lokale Produktionsweisen für unsere gesamte Buchproduktion haben wir in den letzten Jahren schon große Fortschritte in Richtung Klimaneutralität erzielt. „Cradle to Cradle“ lässt sich aber bislang noch nicht auf die gesamte Buchproduktion ausweiten. Es fehlt derzeit noch an größeren Mengen zertifizierter Materialien, und zudem sind die Kapazitäten von Druckereien, die hier in Frage kommen, noch begrenzt.
Was kann man noch tun, um Emissionen einzusparen?
Der effektivste Hebel, um mit nachhaltiger Produktion spürbar Emissionen reduzieren zu können, ist eine bedarfsgerechte Auflagensteuerung. Denn jedes unverkaufte Buch, das irgendwann vernichtet werden muss, schadet der Umwelt. Hier helfen uns Technologie und Digitalisierung, um klügere und nachhaltigere Entscheidungen zu treffen.