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„Der persönliche Austausch zu den anderen Mitgliedern ist unbezahlbar"

Bernd Herzog

Engagement in der Verlagsgruppe - Bernd Herzog über Leseförderung und Lobbyarbeit in der avj 

Als Vertriebsleiter des Stuttgarter frechverlags kümmert sich Bernd Herzog darum, dass die richtigen Bücher zur richtigen Zeit am richtigen Ort ankommen. Zu seinem Vorstandsposten in der Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen e.V. (avj), kam er 2018 „so ein bisschen wie die Jungfrau zum Kind“. Aus dem Wunsch nach Kontakt und Vernetzung heraus hatte er die Entscheidung getroffen, sich ehrenamtlich in der Buchbranche zu engagieren und die avj hat zu dieser Zeit händeringend nach Vorstandsmitgliedern gesucht. Und „schuppdiwums“ war Bernd Herzog eines davon und arbeitet nun dran, die besten Voraussetzungen zur Leseförderung zu schaffen. Im Interview berichtet er, was ihn an seinem Ehrenamt so reizt. 

avj Logo

Können Sie die Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen e.V. kurz beschreiben? 

Die avj ist ein unabhängiger Fachverband, der, wie der Name schon verrät, die Interessen der Kinder- und Jugendbuchverlage in Deutschland vertritt.  

Und wir nutzen die avj als eine Plattform für den gegenseitigen Austausch zu Best Practices. Die rund 90 Mitgliedsverlage haben am Ende doch ähnliche Probleme und Themen. Das können gesellschaftliche Veränderungen, wie der aktuelle Rechtsruck, oder wirtschaftliche Schwierigkeiten sein, wie zum Beispiel Kostensteigerungen. Es ist einfach gut, solche Themen in der Gemeinschaft anzugehen. Neben der Vernetzung ist unser Hauptziel die Förderung der Kinder- und Jugendliteratur sowie des Lesens. Da agieren wir als Lobbyverband in Richtung der Politik agieren. Das ist als kleine Arbeitsgemeinschaft nicht immer einfach, daher müssen wir schauen, wie wir am besten Gehör finden. 

 

Wie kommen Sie bei 90 Mitgliedsverlagen am besten in den Austausch? 

Vor einiger Zeit hatten wir die Idee von Regionaltreffen, um den persönlichen Kontakt zwischen den Mitgliedsverlags-Vertreter*innen herzustellen. Auf den Buchmessen haben die meisten keine Ruhe und die Mitarbeitendenversammlungen sind für den lockeren Austausch zu formell. Aber die Regionaltreffen werden super angenommen, da kommen manchmal bis zu 20 Leute aus den verschiedensten Abteilungen der Verlage, reden miteinander und haben Spaß - das ist toll. Und ganz Nebenbei kristallisieren sich dort auch immer wieder neue Themen heraus, die die Kolleg*innen aus dem Kinder- und Jugendbuchbereich beschäftigen.    

 

Entwickeln sich die Themen also vor allem aus informellem Austausch?  

Ja und nein. Es ist auch so, dass wir im Vorstand zusammensitzen und definieren, welche Themen aktuell sind und welche davon wir weiter entwickeln wollen. Wo glauben wir, sollten wir die Schwerpunkte setzen? Manche Dinge machen wir dann nur im Vorstandskreis, aber viele Themen geben wir in Arbeitskreise, die ebenfalls mit Ehrenamtlichen besetzt sind. Und die bringen die Projekte dann voran. 

 

Regionaltreffen, Austausch und Arbeitskreise. Das klingt ja sehr kommunikativ und produktiv. Engagieren Sie sich deshalb über Ihren Job hinaus im avj?  

Ganz genau! Es bringt mir einfach wahnsinnig viel. Man tauscht sich mit vielen Menschen über alle möglichen Branchen- und vor allem Kinder- und Jugendbuch-Themen aus und lernt dabei auch viel. Es ist dieser Blick über den Tellerrand raus, der mich reizt. Dass es nicht nur Theorie ist, ich irgendwelche Reportagen lese, sondern dass ich selbst ins Tun komme. Sehr, sehr spannend! 

Manchmal würden wir beim avj Themen gerne schneller umsetzen, als aktuell möglich ist, aber wenn ich dann das eine oder andere Pflänzchen sehe und wie es sich entwickelt, dann ist das schon toll und hält mich dran. 

Welche Themen sind das aktuell und was machen Sie als Vorstand? 

In meiner Arbeit im Vorstand geht es unter anderem darum, personell dafür zu sorgen, dass die avj gut aufgestellt ist, was sie in meinen Augen inzwischen ist. Aus dem Vorstand heraus versuchen wir auch Impulse in den Verband zu geben, damit wir attraktiver und moderner wahrgenommen werden und junge potentielle Mitglieder motivieren, sich zu beteiligen. Dafür gestalten wir gerade unsere Webseite komplett neu. Und wenn man sich mit einer Webseite beschäftigt, dann ist man sehr schnell bei den Fragen „Wer sind wir eigentlich?“, „Für wen machen wir das?“ und „Wie bilden wir das jetzt ab?“ Da stecken viele kleine Aufgaben drin. 

avj Frankfurter Erklärung Symbolbild

Aber das größte Projekt ist aktuell die Frankfurter Erklärung für uns. Es geht darum, dass Kindergärten und Schulen nicht genug Budget für die Ausstattung mit Büchern haben. Engagierte Lehrer*innen melden sich dann oft bei Verlagen mit der Bitte, ein paar kostenlose Bücher zur Klassen- oder Schulbibliothek beizusteuern. In der Masse der Anfragen, lässt sich das aber nicht mehr stemmen. Hier sehen wir eine fehlende Investition des Staates auf Kosten unseres Nachwuchses. Deshalb haben wir im Namen der Mitgliedsverlage die Frankfurter Erklärung mit Forderungen an die Politik aufgesetzt. Das ist eines der großen Themen, dem wir Gehör verschaffen wollen, indem wir starke Wirtschaftsunternehmen als Partner gewinnen. 

Davor war unser großes Projekt die Marktforschungsstudie „Bock auf Buch“, die wir zusammen mit dem Börsenverein zum Leseverhalten von Kindern und Jugendlichen in Auftrag gegeben haben. Da wurden Fragen wie „Wie kommen Kinder und Jugendliche zum Lesen?“, „Was lesen sie überhaupt?“ und „Was kaufen sie?“ untersucht. Das will natürlich inhaltlich vor- und nachbereitet sein. 

Und es gäbe so viele weitere Themen. Wir haben wirklich eine ganze Liste, aber sind ein kleiner Verband, der hauptsächlich aus Ehrenamtlichen besteht. Die meisten kümmern sich also neben ihrem Job um die Verbandsarbeit. Deshalb können wir keine zehn Themen gleichzeitig starten. Wir versuchen eins nach dem anderen auf den Weg zu bringen. 

Gibt es Dinge, die Sie in der avj erreicht haben, auf die Sie besonders stolz sind?  

Die meisten unserer Erfolge sind noch kleiner und intern. Wir von der avj sind personell super aufgestellt und können als Menschen einfach wirklich sehr gut miteinander. Da bin ich wahnsinnig froh und stolz drauf. Deswegen macht die Arbeit auch so viel Spaß. Das sind aber eher „unsichtbare“ Vorarbeiten mit denen wir, wie ich finde, den Verband an mancher Stelle aus dem Dornröschenschlaf geholt haben. Denn, man mag es kaum glauben, aber nächstes Jahr hat die avj tatsächlich ihr 75-jähriges Jubiläum! An der sichtbaren Außenwahrnehmung arbeiten wir im Moment. Deswegen brauchen wir Ideen und Partner*innen, mit denen wir lauter werden können, sodass wir in Zukunft noch besser gehört werden.  

 

Sie sind im Hauptberuf Vertriebsleiter des frechverlags. Verbindet sich diese Arbeit eigentlich mit der ehrenamtlichen Arbeit an den Themen der avj? 

Ganz so einfach und genau zu definieren ist es nicht. Aber ich denke, ich kann viel in die Verbandsarbeit reingeben. Ich habe eine sehr vertriebliche Perspektive und habe deshalb eine andere Herangehensweise als die Programmmenschen. Ich versuche eher den wirtschaftlichen Aspekt, den ein Buchverlag am Ende hat, mit einzubringen. 
Anders herum nehme ich unfassbar viel aus der Vorstandsarbeit mit. Ich bin viel mit Menschen aus anderen Verlagen im Austausch und, es klingt wie eine Plattitüde, aber es ist einfach so, durch diesen Austausch, nimmt man Ideen und Inspirationen mit in den eigenen Alltag. Das sind oft kleine Dinge, die ich gar nicht aufzählen könnte. Logischerweise profitiert man davon, wenn man an verschiedenen Stellen Input bekommt, ansonsten kreist ja jede*r nur in der eigenen Soße.  

 

Das klingt sehr motivierend! Was würden Sie anderen sagen, die auch ein Ehrenamt anstreben? 

Die Idee warum man ehrenamtlich tätig sein sollte, ist in allen Branchen die gleiche: Austausch. Gemeinsame Themen zu diskutieren, bei denen man alleine gar nicht weiß, wie man weiter kommt. Es gibt so viele Fragen und die meisten lassen sich in der Gruppe leichter beantworten. Man kann sich einfach mal Ideen hinwerfen und überprüfen, ob man auf dem richtigen Weg ist. Ich glaube, das ist unglaublich wichtig als Korrektiv für die persönliche tägliche Arbeit. 

Wenn man sich dann noch mit den Themen rund um das Kinder Jugendbuch beschäftigen möchte – umso schöner, dann ist die avj die richtige Anlaufstelle! 

 

Vielen Dank, Herr Herzog, für das Interview und Ihr Engagement! 

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