Richard David Precht betrachtet in seinem neuesten Werk „Von der Pflicht“ (erscheint am 29. März 2021) die aktuelle gesellschaftliche Situation in Zeiten der Pandemie. Wie können wir der zunehmenden Entsolidarisierung einzelner Bevölkerungsteile im Zuge der Corona-Proteste entgegenwirken? Welche Pflichten hat der moderne Vorsorge- und Fürsorgestaat gegenüber seinen Bürgern - und was „schulden“ wir dafür dem Staat?
Nachdem die Covid-19-Pandemie das gewohnte Leben aus den Angeln gehoben hatte, manifestierte sich in den darauffolgenden Monaten ein gesellschaftliches Phänomen. Während weitaus größte Teil der Menschen Empathie mit den Schwachen und besonders Gefährdeten zeigte, entpflichtete sich eine Minderheit davon und rebellierte gegen die staatlichen Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit aller Bürger.
Für Richard David Precht ein Anlass, darüber nachzudenken, was eigentlich die Pflicht des Fürsorge- und Vorsorgestaates gegenüber seinen Bürgern ist und was die Pflicht seiner Bürger. Was schulden wir dem Staat und was sind die Rechte der Anderen auf uns? Die Frage führt ein Dilemma vor Augen: Auf der einen Seite sind wir darauf konditioniert, egoistische Konsumenten zu sein. Und auf der anderen Seite braucht der Staat zu seinem Funktionieren genau das Gegenteil, nämlich solidarische Staatsbürger. Könnte es da nicht hilfreich sein, das Pflichtgefühl der Bürger in der liberalen Demokratie durch zwei Pflichtjahre zu stärken? Eines nach dem Schulabschluss und eines beim Eintritt in die Rente, um allen Bürgern die Möglichkeit zu geben, sich selbst in der Pflicht gegenüber dem Staat und auch gegenüber anderen zu erfahren?