Frau Glas, in Ihrem Buch »Ein Schätzchen war ich nie« blicken Sie auf Ihr Leben als Filmikone zurück und geben persönliche Einblicke in das Frausein, das Älterwerden und die Suche nach dem Glück und immer wieder geht es um das Thema Widerspruch. Was hat Sie motiviert, gerade diese Themen in Ihrem Buch aufzugreifen?
Den Widerspruchsgeist hatte ich schon als Kind in mir. Und er zieht sich durch mein Leben wie ein roter Faden. Ich denke, gerade in der heutigen Zeit ist es wichtiger denn je, Haltung zu zeigen und für Werte einzutreten und der Verrohung etwas entgegenzusetzen. Mein Buch ist ein Appell genau dafür. Und vielleicht wollte ich auch einige Dinge zurechtrücken. Meine Erfahrungen als junges Mädchen Revue passieren lassen. Ich habe versucht erzählen, wie ich welche Auffassungen vertreten habe. Natürlich blicke ich auch auf 59 Jahre meines Lebens als Schauspielerin zurück. Tatsächlich kann ich sagen, dass ich sehr viel Glück hatte. Dann wollte ich vom Älterwerden erzählen, denn ich empfinde es als ein Geschenk, wenn man älter werden darf.
Sie schreiben im Vorwort, dass Sie den Frauen, die Sie in ihrem Leben begleitet und geprägt haben, mit dem Buch ein Denkmal setzen möchten? Wer sind diese Frauen und warum ist Ihnen das ein Anliegen?
Weil ich gerade junge Frauen ermutigen möchte, zu sich zu stehen und ihren Weg zu gehen. Unabhängig sein, sich nichts bieten zu lassen. Wenn ich zurückdenke, waren es Frauen wie meine Mutter oder eine Nachbarin, die mich als Kind prägten. Später eine Persönlichkeit wie Aenna Burda. Ich bewundere zutiefst das Lebenswerk von Charlotte Knobloch. Frauen, die für etwas einstanden und sich von den Männern nicht unterbuttern ließen. Das war auch immer mein Weg: Ich wollte von nichts und niemandem abhängig sein.
Die Unterhaltungsbranche hat sich im Laufe der Jahre stark gewandelt. Was waren die größten Herausforderungen, die Sie in Ihrer Karriere aufgrund dieser Veränderungen erlebt haben und wie sind Sie damit umgegangen?
Natürlich ändert sich vieles, und man sollte nicht stehen bleiben, sondern die Änderungen für sich in Anspruch nehmen. Aber der Beruf als Schauspielerin bleibt gleich, man muss oft schneller werden. Früher hat man Filme in acht Wochen oder noch länger gedreht, heutzutage muss alles schneller gehen, auch da muss man sich anpassen.
Sie scheinen eine sehr positive Einstellung zum Älterwerden zu haben. Wie haben Sie gelernt, dem Älterwerden mit Gelassenheit und einem Augenzwinkern zu begegnen, insbesondere in einer Branche, in der das oft als Herausforderung angesehen wird?
Ich freue mich jeden Tag, dass ich aufstehen und irgendwas bewegen darf. Schade finde ich, dass es für ältere Frauen weniger gute Rollen gibt als für unsere männlichen Kollegen. Wir Frauen haben auch viel erlebt und können viel erzählen. Es ist viel geschehen in der Emanzipation, aber es reicht noch lange nicht.
Gibt es unter all den Projekten, an denen Sie gearbeitet haben, eines, das Ihnen besonders am Herzen liegt? Was macht dieses Projekt für Sie so bedeutend?
Viel Freude hatte ich immer, wenn ich »mitreden« durfte, oder wenn ich bei Drehbüchern als Co-Autorin »mitmischen« durfte. Und natürlich habe ich an viele Filme beste Erinnerungen. Trotzdem muss ich sagen, dass mein Hauptprojekt und mein wichtigstes Projekt mein Verein »brotZeit« ist. Mein Mann und ich haben den Verein vor 15 Jahren gegründet und versorgen inzwischen weit über 15.000 Grundschulkinder täglich mit einem reichhaltigen Frühstück, und wir werden immer mehr gebraucht und wachsen ständig. Dafür bin ich dankbar, dass das gelungen ist.
Anlässlich Ihres 80. Geburtstags werfen Sie nicht nur einen Blick zurück, sondern auch auf das, was noch vor Ihnen liegt. Was können die Leserinnen und Leser aus Ihrem Buch über Ihre Erwartungen und Pläne für die Zukunft erfahren?
Ich hoffe natürlich, dass ich noch arbeiten darf. Ich habe eine große Spielfreude in mir, mag auch Rollen, mit denen ich das Publikum überrasche. Ich denke da an die durchgeknallte Lehrerin in der »Fack ju Göhte«-Reihe. Ich freue mich aktiv zu sein und bleibe neugierig auf die kommenden Aufgaben. Ich werde mich auch weiterhin zu gesellschaftspolitischen Themen äußern und engagieren, denn ich kann nicht schweigen, wenn ich Unrecht sehe. Man kann weiterhin mit mir rechnen. Denn: Ein Schätzchen war ich nie.
© Mosaik Verlag
Interview: Sarah Bergius
Die Nutzung des Interviews oder von Auszügen daraus ist nach Rücksprache mit der Presseabteilung möglich