Suchtexperte und Mosaik-Autor Gernot Rücker über die Legalisierung von Cannabis
Ab dem 1. April wird in Deutschland der Cannabiskonsum für Erwachsene legal. Fünf Fragen an den Suchtexperten und Notfallmediziner Gernot Rücker.
Mit der Legalisierung von Cannabis wurden auch viele Stimmen laut, die Cannabis hohes Suchtpotenzial attestieren und mit einer massiven Steigerung psychischer Erkrankungen rechnen. Verglichen mit Alkohol, wie hoch ist das Suchtpotenzial bei Cannabis?
Rein wissenschaftlich betrachtet hat Cannabis ein deutlich niedrigeres Suchtpotential als Alkohol. Die psychischen Erkrankungen werden in der Tat zunehmen, aber nicht wegen Cannabis, sondern weil bisher nicht diagnostizierte Erkrankte, die zur Linderung Cannabis nehmen, sich jetzt endlich in Behandlung trauen, ohne befürchten zu müssen, stigmatisiert zu werden.
Wie viele Notfalleinsätze werden aufgrund von Cannabis ausgelöst? Auch und gerade verglichen mit Alkohol?
Notfälle mit Cannabis sind im Vergleich zu denen mit Alkohol sehr selten. Das verdeutlichen einige Zahlen: Am natürlichen Cannabis ist noch keiner gestorben, aber an Alkohol jedes Jahr über 70.000 Menschen allein in Deutschland. Und da reden wir noch nicht einmal von den 60.000 betrunkenen Autofahrern, die täglich unterwegs sind.
Wenn Sie als Mediziner am Gesetz noch etwas hätten ändern können, was wäre das?
Vor allem die Erlaubnis zum kommerziellen Anbau und die Abgabe in Apotheken, denn nur damit kann der Schwarzmarkt eingedämmt werden. Damit erübrigen sich auch Anbauvereinigungen, die ohnehin ökologisch und ökonomisch unsinnig sind. Hier gehen dem Staat Milliarden durch die Lappen.
Sind beim Cannabis-Konsum Langzeitschäden zu erwarten?
Bei gelegentlichem, verantwortungsvollen Konsum als Erwachsene ab dem 25. Lebensjahr sind Langzeitschäden sehr selten.
Ihr Fazit?
Um Cannabis wird viel zu viel Wirbel gemacht, es wird in der Schädlichkeit vollkommen überschätzt. Im Gegensatz zu Alkohol. Ich als Notfallmediziner jedenfalls freue mich über jeden, der von der Aggressionsdroge Alkohol in das friedfertige Cannabislager wechselt.
Janne Lemke