Aktuelles | 09.07.2021 | Penguin, der Hörverlag

„Punschkrapfen sind Grundnahrungsmittel im Kalifat – neben Grünkohl und Curry“

Kalif mit Covern

Am 13. September erscheint Hasnain Kazims neues Buch Mein Kalifat. Ein geheimes Tagebuch, wie ich das Abendland islamisierte und die Deutschen zu besseren Menschen machte". Mitte Juni war der Autor im Tonstudio und hat sein Hörbuch höchstpersönlich eingelesen. 

Hasnain Kazim im Studio

Hasnain Kazim im Studio (1)

Die Aufzeichnungen des Kalifen

Hasnain Kazim ist nicht nur Journalist und Bestsellerautor, vor einigen Jahren hat er sich auch eine zweite Identität zugelegt – als Kalif. Das war seine nicht ganz ernst gemeinte Antwort auf die permanenten Ängste von Menschen vor einer »Islamisierung des Abendlandes« und auf Dauervorwürfe von Rechtsextremisten, er sei in Wahrheit ein »Islamist«, der »Deutschland islamisieren« wolle. Doch schnell stellte Hasnain Kazim fest, dass sich seine Kalifatspläne verselbständigten: In den sozialen Medien und bei Lesungen huldigten Fans ihrem weisen Kalifen, sie wollten Wesir oder Mitglied des Harems werden. Viele fragten sehnsüchtig, wann denn nun das Kalifat ausgerufen werde. Die gute Nachricht: Es ist endlich soweit! Und die noch bessere Nachricht: Der Kalif hat dabei ein geheimes Tagebuch geführt …

Im Interview zu seinem neuen Buch „Mein Kalifat“ erzählt Hasnain Kazim wie er auf die Idee eines Kalifats kam, was er zukünftigen Kalifatsgründer*innen empfehlen würde, was man für eine Aufenthaltsgenehmigung für das Kalifat tun muss und wie das so ist, sein eigenes Buch im Tonstudio einzulesen.

Im Tonstudio sind außerdem einige Fotos entstanden, die Sie unterhalb des Interviews zum Download finden.

Wieso ein Kalifat?

Hasnain Kazim: Die grundsätzliche Frage für mich ist: Wieso kein Kalifat? Und die Frage ist natürlich auch: Wie definiert man Kalifat? Wenn man jetzt das darunter versteht, was der sogenannte Islamische Staat darunter versteht oder radikale Muslime, dann ist das natürlich nicht die Vorstellung von einem Kalifat, die der Kalif hier hat. Hier geht es um einen weltoffenen, toleranten Staat, in dem jeder nach seiner Façon leben darf, in dem jeder nach seiner Façon glücklich werden darf. Es ist also ein liberales Kalifat.

Die Idee zu dem Kalifat kam mir, weil ich mich eigentlich 2015 schon geärgert habe, dass Pegida auftrat, die sogenannten Patrioten gegen die Islamisierung des Abendlandes, die dann in Dresden herumrannten. Nun kann man vor Herausforderungen und Problemen – die es im Islam natürlich gibt – warnen und kann darüber reden und diskutieren. Man muss auch darüber streiten. Und dass das Konfliktpotential birgt, ist völlig klar, aber wie das da gemacht wurde und auch noch gemacht wird, mit selbstgebastelten Galgen durch die Innenstadt zu rennen und irgendwelche dümmlichen Plakate, das war so unfassbar dumm, dass ich mich wirklich geärgert habe und gesagt habe: Im Grunde genommen schadet es der ganzen Sache.

Es macht die Sache nur noch schlimmer, anstatt Probleme konstruktiv zu lösen. Oder zu sagen: Wo man sie nicht mehr lösen kann, wird einfach pauschal auf „den“ Muslimen und „dem“ Islam herumgehackt. Da wurde dann vor etwas gewarnt, was es so gar nicht gibt. Es gibt keine „Islamisierung des Abendlandes“ und schon gar nicht in Dresden und in Sachsen. Da habe ich mir dann gedacht: „Ihr habt Angst vor einem Phantom und ihr steht etwas dümmlich da, dass ihr vor etwas warnt, das es gar nicht gibt. Dann möchte ich euch wenigstens einen Grund geben, dass ihr nicht dümmlich dasteht. Ich gebe euch Islamisierung. Ich gebe euch das Kalifat. Ich werde Kalif von Deutschland und ich islamisiere Deutschland und ich werde das Kalifat ausrufen – in Dresden in der Semperoper!“

Und so kam ich auf die Idee, das zu machen und deshalb das Kalifat.

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Hasnain Kazim mit kleinem Kalifen
Hasnain Kazim mit kleinem Kalifen (2)

Welche Tipps würden Sie zukünftigen Kalifats-Gründer*innen geben?

Hasnain Kazim: Der wichtigste Tipp ist: Lasst bloß die Finger davon! Denn da, muss man ganz ehrlich sagen, hört es mit der Toleranz dann ein bisschen auf, denn es gibt nur das eine Kalifat. Und deswegen ist diese Frage schon ziemlich blasphemisch.

(Antwort hier anhören.)

Können Sie für uns wiederholen, wie man den Kalifen fachgerecht grüßt?

Hasnain Kazim: In der Tat gibt es im Kalifat eine Grußpflicht, denn der Kalif stellt fest, dass die Leute einander nicht mehr wahrnehmen, auch nicht mehr respektieren. Es gehört zur Anerkennung, zum Respekt voreinander, zur Höflichkeit, dass man einander grüßt. Deswegen führt er eine Grußpflicht ein. Er beruft sich da auf den Koran, in dem steht, dass man grüßen muss. Er ist ja auch irgendwie militärisch sozialisiert worden, wo es ja oft Grußpflichten gibt.

Und sein Gruß ist, weil es ja eben ein weltoffenes, tolerantes Kalifat ist, folgender: „Guten Tag, Servus, Moin, Grüß Gott, Salam aleikum, Shalom, Namaste und Habe die Ehre!“

Und dann möchte er gerne, dass man noch sagt: „Mögen ihm immer Zwiebelmettbrötchen in rauen Mengen zur Verfügung stehen.“ Das muss man also am Ende auch noch sagen.

Eine komplette formvollendete fatwagerechte Begrüßung des Kalifen lautet: „Guten Tag, Servus, Moin, Grüß Gott, Salam aleikum, Shalom, Namaste und Habe die Ehre, Herr Kalif! Möge er immer Zwiebelmettbrötchen in rauen Mengen zur Verfügung haben!“

💿 (Antwort hier anhören.)

Hasnain Kazim im Tonstudio
Hasnain Kazim im Studio (3)

Das Kalifat, eine Demokratie?

Hasnain Kazim: Das ist in der Tat eine Krux. Der Kalif ist demokratisch, und damit ist auch das Kalifat demokratisch, aber er wurde nicht demokratisch gewählt. Er wurde überhaupt nicht gewählt. Er hat sich einfach auf die Bühne gestellt, sich zum Kalifen ernannt und das Kalifat ausgerufen, aber siehe da: Die Menschen folgen ihm, schenken ihm Glauben und finden gut, was er da macht und erkennen ihn an als ihren Führer.

Die Frage ist: Was ist Demokratie, und das ist ja eine Frage mit der sich der Kalif sehr intensiv und immer wieder auseinandersetzt. Was ist Demokratie? Was wollen wir in der Gesellschaft? Wie kommen wir zu Entscheidungen? Und er stellt fest, dass Demokratie die Beste aller Herrschaftsformen ist, aber, dass Herrschaft an sich ja immer ein Übel ist. Herrschaft bedeutet immer Machtausübung und das kann man gut oder schlecht tun. Aber grundsätzlich ist es immer unangenehm, wenn andere einem sagen, was man tun oder lassen soll. Also ist Herrschaft immer nicht so etwas wirklich Schönes, aber sie ist notwendig und da ist dann das geringste Übel die Demokratie.

Deswegen ist er für Demokratie, aber er erkennt auch, dass Demokratie ihre Mängel hat, sodass es zum Beispiel eine Diktatur der Mehrheit geben kann, dass Minderheiten unterdrückt werden können mit der Stimme der Mehrheit und dass das so demokratisch nicht sein kann. Dass also Länder wie China und Indien als bevölkerungsreichste Länder gar nicht das Gewicht haben wie beispielsweise die USA, die sehr viel weniger Bevölkerung haben, weil eben in der Welt auch Geld eine Rolle spielt, militärische Macht eine Rolle spielt – wie treten die Staats- und Regierungschefs auf?

Das ist natürlich alles nicht sehr demokratisch. Er erkennt die Widersprüche, gerade auch in der westlichen Welt, wo immer auf Demokratie gepocht wird, aber wo man dann, wenn es mal richtig zur Sache geht, gerne auf Demokratie verzichtet, weil man sagt: „Ja dann gereicht uns das ja zum Nachteil.“ Und auf all diese Widersprüche weist er hin und versucht einen Weg zu finden. Das macht er sehr klug und natürlich sehr, sehr demokratisch.

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Was muss man tun, um eine Aufenthaltsgenehmigung für das Kalifat zu bekommen?

Hasnain Kazim: Da gibt es mehrere Wege. Das Wichtigste natürlich: Man muss die kalifatische Leitkultur anerkennen und man muss sich an unsere Gesetze halten. Das ist so ein Spruch, den hat der Kalif von Horst Seehofer und anderen Politikerinnen und Politikern in Deutschland und in Österreich gelernt. Das sagt er deswegen auch sehr gerne. Die Wahrheit ist aber: Es gibt sehr viele Wege und Möglichkeiten eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen. Eine ist zum Beispiel eine Lesung zu besuchen. Dort werden, wenn man zwei Stunden lang aufmerksam zugehört hat und vielleicht sogar kluge Fragen gestellt hat, offizielle Aufenthaltsgenehmigungen verteilt. Die brauchen natürlich einen Stempel, einen offiziellen Kalifatsstempel. Den bekommt man dann dort.

Eine andere Möglichkeit ist natürlich, das Buch „Mein Kalifat“ nicht nur zu lesen, sondern aufmerksam zu studieren, innerlich nachzuerleben und am besten Wort für Wort auswendig zu lernen. Wer das ganze Buch auswendig kann ist „Hafis“, und der bekommt dann nicht nur eine Aufenthaltsgenehmigung, sondern die Ehrenstaatsbürgerschaft.

💿 (Antwort hier anhören.)

Autor Hasnain Kazim (c) Lukas Beck
Autor Hasnain Kazim (4)

Können Sie uns das mit den Punschkrapfen erklären? Essen scheint im Kalifat ja eine große Rolle zu spielen.

Hasnain Kazim: Der Kalif liebt Punschkrapfen! Punschkrapfen sind Grundnahrungsmittel im Kalifat – neben Grünkohl und Curry. Er lernt auch, selbst Punschkrapfen herzustellen. Er hat da also ein Rezept und gibt dieses Rezept auch weiter, denn es gehört zur kalifatischen Dreifaltigkeit, Punschkrapfen machen zu können. Dieses Rezept wird in dem Buch auch weitergegeben, weil jeder Untertan und jede Untertänin das irgendwann im Leben können sollen muss.

Was sind Punschkrapfen? Das sind kleine Küchlein. Das ist sehr österreichisch. Es gibt einen Spruch, der unterschiedlichen Leuten zugeschrieben wird. Das steht dann auch im Buch und wird genauer beschrieben. Da steht, er (der Punschkrapfen) verkörpere die österreichische Seele: außen rot, innen braun und immer einen Schluck Alkohol zu viel. Das findet der Kalif natürlich auch ein bisschen lustig und findet, dass das auch sehr gut in den Rest des Kalifats passt, zum Beispiel nach Dresden, in die Hauptstadt. Er verbreitet also die Kunde dieses Punschkrapfens, und das wird dann irgendwann überall im Kalifat eine geschätzte Mehlspeise. Es verdrängt in Sachsen und in Dresden die Eierschecke. Das ist die Geschichte des Punschkrapfens.

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Haben wir die Chance noch ein bisschen mehr darüber zu erfahren wie Kasimir zum Kalif wurde?

Hasnain Kazim: Alles ist ein Zufall – wie im echten Leben. So auch hier. Der Kalif, der ja zu diesem Zeitpunkt noch kein Kalif ist, sondern ein junger Mann, fährt mit dem Zug. Er ist auf dem Weg von Berlin nach Wien und bleibt zufällig in Dresden hängen. Er hat etwas Verspätung, verpasst den Anschluss, muss dableiben und lernt dann dort den zukünftigen Großwesir kennen, der ihn mitschleppt zur Gegendemo von Pegida. Er hat ja die Zeit, weil er dort am Bahnhof festhängt. Er entscheidet dort zu bleiben und plötzlich kommt ihm die Idee – er hat sich immer schon aufgeregt über Pegida – sich auf die Bühne zu stellen und das Kalifat auszurufen und zu islamisieren, also im Grunde den Pegida-Leuten einen Grund zu geben, wenigstens sinnvoll zu demonstrieren und nicht gegen ein Phantom.

So ist das also entstanden. Und dann gibt es natürlich noch eine zweite Geschichte, denn jede Geschichte hat zwei Seiten. Das ist die religiöse Erklärung, und die geht so, dass nämlich die holde, junge Tochter des Ministerpräsidenten ein Kindlein findet, im Schilf am Ufer der heiligen Elbe, dieses Kind herausziehen lässt und von einer Magd aufziehen lässt und zum eigenen Sohn erklärt. Aus diesem kleinen Kind wird dann der Kalif. Das ist eben die andere Version der Geschichte. Man darf sich als Untertan oder Untertänin aussuchen, welcher Geschichte man Glauben schenken möchte.

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Hasnain Kazim mit kleinem Kalif
Hasnain Kazim mit kleinem Kalif (5)

Das eigene Buch im Studio einlesen. Wie ist das? Und wie haben Sie sich vorbereitet?

Hasnain Kazim: Ich habe wirklich Spaß und Freude gehabt, das einzulesen, vier, fünf Tage lang. Das war etwas, womit ich keine Erfahrung habe. Ich habe zwar schon einmal ein Hörbuch eingelesen, aber nur kleine Teile daraus und nicht das ganze Buch. Und jetzt so viele Tage und Stunden dazusitzen und zu sprechen, war etwas, das ich vorher noch nicht gemacht habe. Ich bin begeistert, wie das funktioniert, wie man Dinge zusammenschneiden kann und Dinge so machen kann, dass es dann auch wirklich gut klingt. Mit einem tollen Tontechniker, mit einer tollen Regisseurin – alleine hätte ich das gar nicht geschafft und gekonnt. Das ist so etwas völlig anderes, als sich im Büro mit dem Smartphone hinzusetzen und da irgendetwas draufzusprechen.

Aber es ist eigentlich auch etwas, das ich am Anfang gar nicht machen wollte. Ich bin ein Freund davon, dass Profis die Arbeit machen. Nur ich bin kein Profisprecher. Ich bin ja auch kein Radiojournalist. Ich habe immer schon geschrieben und schreibe gerne, aber bin kein Sprecher. Habe kein Sprechtraining und keine schauspielerische Ausbildung. Was ich auch toll finde ist, wenn ich meine journalistischen Texte irgendwo eingelesen höre, wenn ein professioneller Sprecher das liest. Dann denke ich immer: Wow, was für ein toller Text, und den habe ich geschrieben. Und der klingt dann einfach nochmal viel besser, wenn ein Profi ihn spricht.

Deswegen war mein anfänglicher Wunsch, dass ein professioneller Sprecher, ein Schauspieler diesen Text einspricht. Dann habe ich aber vom Verlag und von vielen Freunden gehört: „Eigentlich wollen wir ja dich hören, weil du die Stimme des Kalifen bist!“ Ich habe mich dann überzeugen lassen und habe das gemacht. Und wie gesagt, es hat Spaß gemacht. Ob das gut ist und ob das gefällt, das müssen die Hörerinnen und Hörer entscheiden. Geübt habe ich nicht, ich hab einfach den Text immer mal wieder gelesen. Ich habe ihn ja selbst geschrieben, also kenne ich ihn natürlich, habe immer mal wieder Parts vorgelesen im privaten Umfeld, mir Zeichen reingeschrieben in den Text, aber man liest es ja nicht in einem durch von A-Z, sondern wiederholt, wiederholt Absätze, teilweise einzelne Sätze, geht wieder zurück. Das ist schon Arbeit, aber Arbeit, die Spaß macht.

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Kalif im Tonstudio
Kalif im Tonstudio (6)

Ihr Buch erscheint genau zur Bundestagswahl in Deutschland. Ein Zufall?

Hasnain Kazim: Im Kalifat ist nichts Zufall. Der Kalif ist ein sehr wohlüberlegter Mensch. Jemand, der genau plant, der alles genau vorher wissen möchte, wie was läuft und der also auch dafür sorgt, dass es rund läuft. Deswegen ist das Buch natürlich so geplant gewesen, dass es zur Bundestagswahl kommt, und eigentlich sollte jedem klar sein: Es ist natürlich das Buch zur Bundestagswahl. Es gibt kein Buch, das so wichtig ist zur Bundestagswahl wie dieses. Das muss also jeder gelesen haben, der eine kluge Wahlentscheidung treffen möchte. Abgesehen davon ist das Buch natürlich auch zeitlich ungebunden. Es ist ein zeitloses Buch, ähnlich der Bibel, und wird im Grunde genommen Jahrhunderte überdauern und immer wieder Menschen Rat, Trost und Frieden geben.

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Das gesamte Interview finden Sie nachfolgend zum Download. Gerne senden wir Ihnen auf Wunsch auch das Audio-Interview zu. 

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Verena Lange

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