Aktuelles | 15.09.2023 | Penguin

Michael Ebert über sein Romandebüt »Nicht von dieser Welt«

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»Ein warmherziges, amüsantes, wild skurriles und kluges Aufbruchsbuch.« Herbert Grönemeyer

In dem Haus, in dem der 13-jährige Mischa wohnt, sterben jeden Tag Menschen. Seit dem Tod des Vaters lebt er mit seiner Mutter in der Personalwohnung eines Krankenhauses, seine Mutter arbeitet unentwegt, das Geld ist knapp. Eigentlich ist das Leben für Mischa eine einzige Zumutung – bis an einem Sommertag im Juli 1991 überraschend nicht sein französischer Austauschschüler vor ihm steht, sondern Sola, 17, aus Zaire, selbstbewusst, geheimnisvoll und klug...

Das Debüt »Nicht von dieser Welt« von Michael Ebert erzählt die Geschichte eines Jungen, der trotz widriger Umstände nie den Glauben an die Zukunft verliert und auf einer abenteuerlichen Reise lernt, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.

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Michael, in Deinem Roman »Nicht von dieser Welt« reisen der 13-jährige Mischa und die 17-jährige Sola quer durch das kurz zuvor wiedervereinigte Deutschland. Das Ziel der beiden ist ein Stollen bei Halberstadt, in dem sich ein sagenhafter Schatz befinden soll. Fiktion oder Wirklichkeit?

Letzteres. Im Juli 1990 wurde die D-Mark in der DDR eingeführt, deshalb musste die SED-Regierung das gesamte Bargeld des Staates rasch loswerden. Verbrennen ging nicht, da es für diese gewaltige Menge Papier keinen passenden Ofen im Land gab. Also entschied man, die 100 Milliarden Ost-Mark unter den Thekenbergen bei Halberstadt zu vergraben.


Geld ist ein ebenso großes wie schwieriges Thema im Leben von Mischa. Seit dem Suizid des Vaters lebt er mit seiner Mutter in der Personalwohnung eines Spitals, in dem sie als Krankenschwester arbeitet. Die finanzielle Situation der beiden ist mehr als bescheiden. Wie autobiografisch ist Dein Roman?

Wie Mischa bin ich in einem Krankenhaus aufgewachsen, und meine Mutter hat dort als Schwester auf der Intensivstation gearbeitet. Geld war in unserer Familie ein Dauerthema, mehrfach stand ein Gerichtsvollzieher bei uns in der Wohnung. Mein Aufwachsen war bestimmt ein Anlass, diese Geschichte zu erzählen, aber nicht der einzige und wichtigste. Vieles, was in dem Buch geschieht, habe ich so oder so ähnlich erlebt, aber nicht alles. »Wie man es erzählen kann, so ist es nicht gewesen«, schreibt Christa Wolf. So ist es wohl. Als Journalist ist es aufregendes Neuland, für einem Roman ausnahmsweise etwas erfinden zu dürfen, was man auf seltsame Weise für wahrer als die Wirklichkeit hält.

Du erzählst von Armut, vom Tod, von Trauer. Dennoch hast Du kein düsteres Buch geschrieben.

Wichtiger als die Schilderung schrecklicher Erlebnisse ist mir die Bewältigung dieser schrecklichen Erlebnisse. Mein Roman handelt von der Kunst, sich trotz größter Trauer klarzumachen, was nach einem Verlust noch bleibt. Herbert Grönemeyer nennt »Nicht von dieser Welt« ein »Aufbruchsbuch«. Das trifft es.

Sola, Mischas Begleiterin, wurde in Zaïre geboren. Wie heikel war es, über eine junge, schwarze Frau zu schreiben?

Es mag seltsam klingen, aber mein Empfinden war, dass ich da gar nicht viel mitzureden hatte. Sola hat ihre Rolle und ihren Text selbst bestimmt. Ich mag sie wirklich sehr gern. Sie ist klug und lustig und hat ein riesengroßes Herz. Und sie hat in der Erzählung ihre eigene Geschichte und ihre eigene Agenda.
 

Du bist seit zehn Jahren Chefredakteur des „Süddeutsche Zeitung Magazins“. Wie fühlt es sich an, als Romanautor zu debütieren?

Der Roman ist vor allem nachts entstanden, wenn meine drei Kinder schliefen. Kein Arbeitsmodell für die Ewigkeit übrigens. Aber dass ich es überhaupt hinbekommen habe, beweist mir doch, dass es eine Geschichte ist, die ich wirklich erzählen wollte.
 

Ein zentrales Thema Deines Romans ist Erinnerung. Du schreibst: „Was wir Erinnerung nennen, sind doch nur Versuche, uns Geschichten zurechtzu-denken, die uns uns selbst erträglich machen. Wir sind die Geschichten, die wir von uns selbst erzählen. Wenn es uns nötig scheint, verändern wir diese Geschichten und formen sie zu Erinnerungen, mit denen wir leben können, egal wie wahrhaftig sie sind. Unser Glück, denke ich, hängt davon ab, wie gut es uns gelingt, unsere Erinnerungen zurechtformen zu etwas, mit dem wir leben können.“

Unser Selbstbild ist ein Porträt, dass wir bei uns selbst in Auftrag gegeben haben. Will man etwas über sich herausfinden, kann es aufschlussreicher sein, dieses Porträt mal genauer zu betrachten als in einen Spiegel zu schauen.

Die Fragen stellte Susanne Krones.
Copyright Penguin Verlag.

Michael Ebert: »Nicht von dieser Welt«

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