Aktuelles | 15.03.2023 | Goldmann

Interview mit Hendrik Berg über seinen Krimi »Dünenrache«

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»Krimis sind der perfekte Rahmen, um große Dramen, Spannung, aber auch Humor miteinander zu verknüpfen. Ich kann meine Figuren immer wieder in extreme, herausfordernde Situationen werfen und schauen, was dann passiert.« 

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Herr Berg, was reizt Sie besonders am Genre des Kriminalromans?

Krimis sind der perfekte Rahmen, um große Dramen, Spannung, aber auch Humor miteinander zu verknüpfen. Ich kann meine Figuren immer wieder in extreme, herausfordernde Situationen werfen und schauen, was dann passiert.

In ihrem neuen Krimi »Dünenrache« entführen Sie die Leser und Leserinnen nach Sylt. Dort muss sich Ihr Kommissar Theo Krumme den Konsequenzen einer für ihn sehr unangenehmen Affäre aus Berliner Zeiten stellen. Wollen Sie vielleicht mehr darüber verraten?

Krumme war schon in seiner früheren Berliner Zeit für seine Extratouren bekannt und berüchtigt. Ein manchmal knorriger Einzelgänger, auch wenn sich das durch seine neuen Freunde in Nordfriesland ein wenig geändert hat. Aber woher kommt das? Sind es die Gene? In »Dünenrache« erfahren wir von einer viele Jahre zurückliegenden Geschichte, in der Krumme einen schlimmen Fehler macht. Von einem tragischen Mordfall, der ihn zu dem Menschen gemacht hat, der er seitdem ist.

Auf der malerischen Insel steht ein Künstler im Verdacht angeblich seine Ehefrau umgebracht zu haben – der Maler Adrian Maurer ist die schillernde Hauptfigur Ihres aktuellen Krimis. Welche Erfahrungen und Geschichten aus Ihrer eigenen Vergangenheit haben Sie zu dieser Figur inspiriert?

Meine inzwischen verstorbene Mutter, die Malerin Sigi Helgard wurde Anfang der siebziger Jahre von einem Galeristen entdeckt. In der Folge sind wir als Familie von Hamburg immer wieder nach Sylt gefahren – der Beginn meiner Liebe für Nordfriesland und der Start der erfolgreichen Künstlerkarriere meiner Mutter. Ich bin praktisch zwischen Leinwänden und Staffeleien aufgewachsen, kann mich noch gut an den Geruch von Farben und Terpentin erinnern. Auch jetzt in unserem Haus in Köln hängen noch überall Bilder meiner Mutter. 

Durch sie habe ich auch viele andere Künstlerinnen und Künstler kennengelernt. Darunter waren einige, die im Gegensatz zu meiner äußerst liebenswerten und immer optimistischen Mutter sehr schwierige Charaktere waren. Typen wie Adrian Maurer, die manisch-narzisstische Hauptfigur in »Dünenrache«. Ein äußerst talentierter Maler. Aber die große Frage ist: Lebt er seine Sehnsucht nach den menschlichen Abgründen wirklich nur in seinen Bildern aus?

»Dünenrache« ist bereits der 9. Fall für Ihren Kommissar Theo Krumme. Inwiefern ist Theo Krumme Ihr Alter Ego?

Kann schon sein, dass Theo Krumme über die Jahre einiges von mir selbst mitbekommen hat, immerhin haben wir inzwischen sehr viel Zeit miteinander verbracht. Aber beabsichtigt ist das nicht. Der viel größere Spaß ist es, eine Figur zu beschreiben, die eben ganz anders ist als ich und die die Welt auf völlig unterschiedliche Weise sieht.

Was mögen Sie besonders an Ihrem Kommissar, und gibt es auch Dinge, die Sie an ihm gar nicht ausstehen können?

Theo Krumme kann manchmal ein ganz schöner Bock sein, ein typischer Berliner Dickschädel eben. Mit seiner trotzigen Art steht er sich vor allem in der Liebe immer wieder im Weg. Aber er verfügt über einen klaren moralischen Kompass. Und auch wenn er es nicht zugeben würde, Krumme ist ein Menschenfreund. Psychologie und Empathie sind für ihn die wichtigsten Waffen im Kampf gegen das Böse. Besonders mag ich, dass er auch im fortgeschrittenen Alter einen kompletten Neuanfang wagt. Er verlässt Berlin, um bei der Kripo in Husum anzufangen, obwohl er zunächst kaum jemanden in Nordfriesland kennt.

Wie gehen Sie beim Schreiben vor: Planen Sie alles minutiös, oder kann es schon mal passieren, dass Ihre Charaktere plötzlich ein Eigenleben entwickeln und die Handlung eine unerwartete Wendung nimmt?

Das passiert immer wieder. Leider. Denn jedes Mal beginne ich ein Buch mit einer genauen Struktur, bei der es mir besonders wichtig ist, dass alles am Ende auf ein zwar überraschendes, aber logisches und nachvollziehbares Ende hinausläuft. Doch dann werden die Figuren beim Schreiben langsam lebendiger und wollen sich nicht immer so verhalten, wie ich es mir vorher überlegt habe. Da kann es schon passieren, dass ich die Geschichte ganz neu überdenken und schon längst geschriebene Kapitel wieder wegwerfen muss.  

»Jede Landschaftsbeschreibung in seinen Krimis ist eine Liebeserklärung an den Norden«, schrieb die Neue Presse Hannover über Sie. Was lieben Sie so an der Nordsee, dass sie Ihnen immer wieder als faszinierender Schauplatz dient?

Ich liebe alles an der Nordsee. Den ständigen Wechsel von Ebbe und Flut, die weiten Horizonte, die Stürme und das unberechenbare Meer. Den Menschen im Norden ist klar, dass vor allem die Natur den Rhythmus ihres Lebens bestimmt. Der Grund, warum alle, die in diesem wunderschönen Land wohnen, so besonders sind. Genau wie die Geschichten, die sie erleben und die Legenden und Mythen, die sie sich erzählen.

Sie sind Hamburg geboren und haben eine Zeit lang auch in Hamburg studiert. Momentan leben Sie in Köln. Sind ihre Nordsee-Krimis auch eine Hommage an Ihre alte Heimat und Ihre Jugend?

Auf jeden Fall. Ich bin in Hamburg geboren, aber dann in Schleswig-Holstein aufgewachsen. Sylt, Husum, Föhr, Amrum, St. Peter-Ording oder auch die Halligen – schon als Kind bin ich mit meinen Eltern ständig an der Nordseeküste gewesen. Für mich ist das ein Stück Heimat. Und was für ein Glück: Durch meine Geschichten habe ich immer einen guten Grund, oft in meine alte Heimat zurückzukehren.

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