Aktuelles | 22.06.2022 | Goldmann

Interview mit Dina El-Nawab & Markus Stromiedel, Autoren von "Zusammen stirbt man weniger allein"

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Wie kamt Ihr auf die Idee für Euren ersten gemeinsamen Kriminalroman „Zusammen stirbt man weniger allein“?

Wir beide lieben Screwball-Comedys, das sind die Filme aus den 1940er Jahren, in denen selbstbewusste Frauen den Männern zeigen, wo es lang geht. Als der Verlag  mit der Idee auf uns zukam, dass wir gemeinsam einen Cosy-Crime schreiben sollen, also ein Kuschelkrimi mit viel Humor, da dachten wir: Jetzt oder nie! Frauen an die Macht! Das ist auch bei uns im Schreibteam so. Außerdem ist es sehr viel netter, seine Zeit mit witzigen und geistreichen Figuren zu verbringen als mit Mord und Totschlag. Dann haben wir uns ein wenig gekabbelt, bis Lizzi und Erik geboren waren...

Inwiefern merkt man Eurem Buch an, dass es von zwei Autoren geschrieben wurde?

Hoffentlich nur an unseren beiden Namen auf dem Cover! Unser Ziel ist es, so zu schreiben, dass sich das Buch wie aus einem Guss liest. Nach unserem Gefühl  ist uns das bei Lizzi und Erik ganz gut gelungen. Vielleicht, weil wir ein eingespieltes Team sind.

Wie schreibt Ihr gemeinsam an einem Buch? Teilt Ihr Euch z. B. die Kapitel und Recherchen auf?

Da wir schon viele Drehbücher zusammen geschrieben haben, kennen wir unsere Stärken (und Schwächen;), und wir befruchten uns als Autoren gegenseitig. Es hängt immer vom Projekt ab, vom Thema, auch von der Zeit, die wir für ein Buch haben. Wir mussten schon mal ein Drehbuch schreiben,  bei dem so wenig Zeit war, dass wir gleichzeitig an verschiedenen Stellen anfangen musste, um rechtzeitig fertig zu werden. Aber in der Regel plotten wir zusammen, und dann beginnt einer von uns erst einmal mit dem Schreiben der Geschichte.

Wie stellt Ihr Euch die Leser Eures Buches vor?

Offen, humorvoll und lesebegeistert. Natürlich sympathisch. Und ohne Hemmung vor ein bisschen Tiefgang.

Was ist das Besondere an Eurer Figur der „Lizzi“, die in Eurem Buch als Anwältin die Spur ihres verschwundenen Vaters bis an Englands Ostküste verfolgt?

Sie passt in keine Schublade. Sie ist im besten Sinne eine sehr individuelle, selbstbewusste Persönlichkeit, die wenig Scham empfindet und oft gegen den Strom schwimmt, aber mit viel Witz und Kampfgeist durchs Leben geht. Sie kann sehr überraschend sein und hat unter ihrer scharfen Zunge eine weiche Ader. Und sie hat ein Vergangenheit, die sie zu dem gemacht hat, was sie ist. Das findet sie aber erst im Laufe des Buches heraus.

Was fasziniert Euch an dem Thema „Vater-Tochter“-Beziehung?

Der Vater ist der erste Mann im Leben einer Frau. Das sagt eigentlich schon alles. Liebe und Anerkennung, die Grundpfeiler des Lebens, werden nicht nur von der Mutter, sondern ganz stark vom Vater geprägt.

In Eurem Buch geht es auch um Menschenhandel. Inwiefern ist Euch der gesellschaftspolitische Bezug des Buches wichtig?

Es ist ein reales Thema und ein weltweites Problem, vor allem in der Zeit einer globalisierten und wettbewerbsorientierten Wirtschaft. Solange nicht die Qualität, sondern der Verkaufspreis im Handel über die Produktionsbedingungen von Waren entscheidet, leiden die Schwächsten in diesem Prozess. Da helfen nur Gesetze und Kontrollen. Bei den Briten ist durch den Brexit die spezielle Situation entstanden, dass ein Großteil der ausländischen Arbeitskräfte das Land verlassen hat. Wir haben die Situation weiter gedacht: Woher kommen jetzt die billigen Arbeitskräfte für den Service, bei Speditionen und auf den Farmen? Dennoch würden wir das Buch nicht politisch nennen. Unser erster Antrieb war, intelligente Unterhaltung zu schreiben, die vor allem Spaß macht.

Hat Euer Buch auch biographische Anteile? Sprecht Ihr privat z. B. auf ähnliche Weise miteinander wie Lizzi und ihr Personenschützer Erik?

Den ganzen Tag! Das ist sooo anstrengend!

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Eure beiden Protagonisten erleben einen Teil ihres Abenteuers in Scarborough (Yorkshire). Habt Ihr persönlich einen besonderen Bezug zu England?

Wir kennen und lieben Großbritannien und die Briten von mehreren Reisen. Auch in Yorkshire waren wir schon. Wir haben also beim Schreiben Bilder im Kopf, Gerüche in der Nase. Eine eigenwillige Figur wie Lizzi in England – da entstanden sofort Szenen im Kopf. Und manches haben wir auch selbst erlebt. Was, das darf geraten werden ...

Wie habt Ihr es geschafft, den berühmt-berüchtigten englischen Humor für Euer Buch einzufangen?

Wir haben es jedenfalls versucht. Wir würden uns freuen, wenn auch die Briten darüber lachen können. Aber um das zu erfahren, müsste das Buch wohl erst einmal ins Englische übersetzt werden. Das kann noch eine Weile dauern.

Die Reise von Lizzi und Erik führt Eure Leser auch auf die norddeutsche Insel Amrum. Wie kamt Ihr gerade auf Amrum? „Es gibt viele schöne Nordseeinseln…“, um aus Eurem Buch zu zitieren :)

Das war eine ziemlich spontane Angelegenheit. Anfangs gab es mehrere Wettbewerber im Ring, aber dann traf Amrum das Glück, in unserem Buch aufzutauchen. Wir wollten immer schon dorthin reisen, jetzt tun es wenigstens unsere Figuren für uns.

Und welchen Bezug habt Ihr zum Frankfurter Raum, wo die Geschichte von Lizzi und Erik Ihren Anfang nimmt?

Wie immer gilt beim Schreiben: Die Orte müssen zum Inhalt passen. Frankfurt ist die Stadt der Banken, des Business’ – das ist zumindest das Bild, mit dem wir spielen. In einer solchen Stadt kann ein Charakter wie Lizzi perfekt überleben – aber wir waren uns sicher, das Lizzi hier auch unglücklich ist, weil ihr in der Stadt etwas fehlt. Denn Lizzi soll in unserer Geschichte nicht nur einen Fall lösen, sondern auch mehr über sich selbst erfahren.

Und wie gelingt ihr das?

Indem sie sich von uns durch Deutschland schicken lassen muss:  erst in den Taunus (wo sie auf einen Kirchturm klettert, um Handyempfang zu haben), dann ins wunderschöne Thüringen (wo sie auf einem schmiedeeisernen Tor reitet ...), bevor es dann weiter nach England geht. Es hat uns selbst überrascht, wozu Lizzi fähig ist! Es war uns aber auch wichtig, zusätzlich zu den bekannten Orten auch Gegenden zu bespielen, die in der Literatur sonst nicht so präsent sind.

Ihr seid erfahrene Krimi-Autoren - habt u.a. Drehbücher für den „Tatort“, „Der Fahnder“ und „Großstadtrevier“ geschrieben. Was fasziniert Euch am Krimi-Schreiben?

Krimis geben beim Schreiben einem Buch Struktur. Das macht es auf gewisse Art einfacher, eine Geschichte zu erzählen. Drama ist schwieriger. Komödie das schwierigste Genre überhaupt, auch wenn das viele nicht wissen und die Komödie nicht die Anerkennung bekommt, die ihr eigentlich gebührt. Ein weiterer, banaler Grund für unsere vielen TV-Krimis ist, dass in Deutschland hauptsächlich Krimis gefilmt und gelesen werden. Von irgendetwas muss man ja leben.

Wo holt Ihr Euch Euer Wissen über kriminelle Vorgehensweisen?

Wir probieren alles vorher aus, dann wissen wir, wie es geht... Nein, natürlich nicht! Das war ein Scherz! Im Ernst: Wir recherchieren natürlich. Reden mit Profis, testen spezielle Dinge aus (wir haben zum Beispiel beide bei der Polizei ein Schießtraining absolviert). Manches in den Geschichten muss man aber auch den Fernseh- oder Lesegewohnheiten anpassen. Dann ist eine DNA-Analyse selbstverständlich in kürzester Zeit verfügbar, auch wenn das in den meisten Fällen nicht so schnell passiert. So richtig stört das keinen Zuschauer, wenn die Geschichte spannend erzählt ist. Bis auf die, die hinterher Leserbriefe an die Redaktion des Fernsehsenders schreiben. Weil sie in einem DNA-Labor arbeiten.

Schreibt Ihr denn schon an einem nächsten Buch? Falls ja: Wieder zu zweit und wieder ein Krimi? Vielleicht sogar die Fortsetzung von „Zusammen stirbt man weniger allein“?

Im Moment schreiben wir Drehbücher für eine neue ZDF-Serie. Kein Krimi. Aber wir hoffen sehr auf eine Fortsetzung des Buches. Wir wollen unbedingt wissen, wie es mit Lizzi und Erik weiter geht.

Was für ein Buch würdet ihr auf eine einsame Insel mitnehmen?

Ganz klar: „Zusammen stirbt man weniger allein“. Oder noch besser: Ein leeres Buch. Dann schreiben wir zusammen die Fortsetzung.  

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