Erstmals begegnen sich Maarten S. Sneijder und Walter Pulaski in einem Ihrer Thriller. Wollten Sie das immer schon einmal realisieren? Wie kam es jetzt dazu?
Die Idee dazu hatte ich schon lange, aber die beiden Reihen mussten sich erst einmal etablieren und sich ihre Fan-Gemeinde erarbeiten, damit es reizvoll ist, sie zusammenzuführen. Und so prallen jetzt zwei verschiedene Charaktere aufeinander: Pulaski hat Asthma und Sneijder raucht Marihuana-Joints – das muss böse enden.
Wäre es auch denkbar gewesen, dass sich Sneijder und Pulaski auf Anhieb sympathisch sind?
Das wäre allein schon aus zwei Gründen gar nicht möglich – Pulaski ist ein griesgrämiger Zyniker und Ermittler der alten Schule mit Bleistift, Grips und Notizblock – und Sneijder ist ein Misanthrop und Egomane, der alle Menschen hasst und von sich selbst behauptet, das einzig wahre Genie zu sein.
Sie recherchieren erfahrungsgemäß sehr ausführlich für Ihre Kriminalfälle, gab es bei „Todesrache“ diesbezüglich besondere Herausforderungen?
In diesem Thriller prallen mehrere Themen aufeinander: Cyber-Kriminalität, Hacker-Angriffe und Bitcoin-Erpressung, Rückverfolgung von Handy-Daten sowie das Erbe des alten DDR-Stasi-Apparats. Und da ich eine neue junge Kollegin eingeführt habe, die an Sneijders Seite ermittelt und Autistin ist, war Autismus natürlich auch ein großes Thema für Recherchen, damit alles stimmig ist.
Was inspiriert Sie zu Ihren Romanen? Muss ein Thriller-Autor für seine Authentizität selber ein „harter Knochen“ sein?
Nein, - Entschuldigung, aber ich muss eben gerade fürchterlich lachen – als Rechtsmediziner sollte man ein „harter Kochen“ sein, als Autor nicht. Ich falle beispielsweise in Ohnmacht, wenn ich mir selbst unabsichtlich eine tiefe Schnittverletzung beim Brotschneiden zufüge. Außerdem bin ich nahe am Wasser gebaut und muss schon mal eine Träne wegdrücken, wenn ich eine Tier-Doku im TV sehe. Vielleicht liebe ich es gerade deshalb, über „harte Knochen“ zu schreiben, über perverse Serienkiller, abartige Todesarten und menschliche Konflikte, die kaum noch zu ertragen sind. Es ist diese andere Welt, die mich fasziniert, sei es bei Gesprächen, Recherchen, beim Entwickeln der Handlung oder beim Schreiben.
Wie gestaltet sich Ihr schriftstellerischer Alltag?
Sehr unspektakulär. Um 6.30 Uhr Frühstück mit meiner Frau, und wenn sie mit dem Auto ins Büro fährt, beginnt meine morgendliche Walking-Runde und die anschließende Wirbelsäulengymnastik. Nach einem gesunden Frühstück mit Vollkornmüsli und frischem Obst sitze ich im Wintergarten am Laptop und lese zunächst das Geschriebene vom Vortag und schreibe danach weiter. Am Nachmittag eineinhalb Stunden auf dem Heimtrainer bei zwei Folgen einer TV-Serie (aktuell „Jason King“) und danach kommt der bürokratische Teil in meinem Schreibbüro: E-Mails und Postings beantworten, Webseite updaten, Pakete verschicken. Hin und wieder treffe ich mich mit Testlesern, bespreche das Manuskript, maile mit meiner Lektorin oder skype mit meinem Literaturagenten. Büroschluss ist um 19.30 Uhr, wenn ich mich zur ZIB auf die Couch lege und von den Katzen anschnurren lasse.
Wie kommt es zu den Plots – vorausgeplant oder „on the fly“?
Ich bin kein Autor, der aus dem Bauch heraus schreibt, ohne Konzept, sich treiben lässt und dann überrascht ist, wohin die Handlung ihn führt und warum plötzlich Figuren tot sind, die eigentlich noch gar nicht sterben sollten. Das geht schon allein deshalb nicht, weil ich in meinen Thrillern zwei Handlungsstränge mit zusätzlichen Rückblenden habe, die meist in verschiedenen Ländern spielen, und die ich miteinander verzahne. Da muss ich genau darauf achten, dass das Zeitgerüst stimmt, dass die Informationen an die Leser gut platziert sind, ich die richtigen Kapitelübergänge finde und alles bis zum Schluss spannend bleibt. Es wäre schade, wenn ich zum Schluss noch rasch etwas aus dem Hut zaubern müsste, um etwas stimmig zu machen – das merken die LeserInnen. Dementsprechend plane ich die Handlung, die Kapitelübergänge, den Zeitrahmen, recherchiere meist vor Ort an den Locations und befrage viele Leute vom Fach. Dann bleibt eigentlich nur noch Schreiben, d.h. all diese Ideen in ein fertiges Manuskript zu gießen.
Unterscheidet sich Ihre Arbeit für Jugendliche, u.a. „Code Genesis“, von Ihrer Thriller-Arbeit für Erwachsene?
Anfangs dachte ich schon, dass das der Fall sein würde, aber tatsächlich war es so, dass es stilistisch und erzählerisch kaum einen Unterschied zu meinen Erwachsenen-Thrillern gab. Die Hauptfigur in „Code Genesis“ ist die 15-jährige Terry West und in ihrem dreibändigen Abenteuer fließt weniger Blut und existiert weniger Gewalt. Aber die Spannung, die komplexe Handlung, die schrägen Figuren und zynischen Dialoge sind wie bei meinen Sneijder- oder Pulaski-Büchern.
Sie publizieren nach wie vor auch im Phantastik-Genre (Horror usw.) und dabei in kleinen Verlagen. Unter welchen Voraussetzungen ist diese „Kür“ möglich?
Hin und wieder habe ich Ideen, die ich in keinen Roman packen kann, weil es thematisch nicht passt oder als Horror- oder Science-Fiction-Idee ein anderes Genre betrifft. Dann mache ich eine Kurzgeschichte daraus und freue mich, wenn ein kleiner Verlag sie in einer Story-Sammlung aufnimmt. So sind bisher über 100 Kurzgeschichten entstanden, die ich kürzlich – allesamt überarbeitet und mit einem kleinen Vorwort versehen – in einer siebenbändigen Werkausgabe im Luzifer-Verlag veröffentlicht habe.
Welche Bücher und Projekte planen Sie für die nächsten Jahre?
Über ungelegte Eier soll man ja bekanntlich nicht reden, aber da bereits ein fertiges Manuskript in der Schublade liegt, kann ich verraten, dass nach „Todesrache – Sneijder Teil 7“ eine weitere Jugendbuch-Reihe an den Start geht.
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