Aktuelles | 25.11.2024 | Goldmann

Ina Bach über ihre Trilogie »Die Münchner Ärztinnen«

Ina Bach

Soeben ist bei Goldmann der Auftakt der Trilogie »Die Münchner Ärztinnen« von Ina Bach erschienen, wir haben der Autorin ein paar Fragen gestellt.

Goldene Träume Ina Bach

Im Oktober 2024 ist »Goldene Träume«, der erste Band Ihrer Trilogie »Die Münchner Ärztinnen«, erschienen. Worum geht es in diesem ersten Roman der Reihe?

Um mutige junge Frauen, die mehr vom Leben wollen, als ihnen Eltern, Gesellschaft oder einfach die Umstände erlauben wollen. Es geht um Mut, zu tun, wovon man träumt.

In »Goldene Träume« nehmen Sie die Leser*innen mit ins München des Jahres 1898. Wir lernen drei junge Frauen kennen, die Ärztinnen werden wollen. Wie realistisch war dieses Ziel für eine junge Frau in München Ende des 19. Jahrhunderts?

Nicht sehr realistisch. Erst im Wintersemester 1903/04 durften sich Frauen an der Ludwig-Maximilians-Universität immatrikulieren. Vorher musste eine Frau unzählige Anträge stellen, Sondergenehmigungen einholen, Fürsprecher gewinnen oder Umwege übers Ausland in Kauf nehmen, um wenigstens als Hörerin zugelassen zu werden. Zudem gab es keine Gymnasien für Mädchen. Höhere Bildung war für die weibliche Hälfte der Jugend im Kaiser- und Königreich nicht vorgesehen. Trotzdem war natürlich ein Reifezeugnis die Grundvoraussetzung, um studieren zu dürfen. Eine mehr als schlechte Ausgangslage also. Hinzu kam noch, dass es Anatomieprofessoren gab, die es als erwiesen ansahen, dass ein weibliches Gehirn schlichtweg zu klein wäre, um wissenschaftliche Leistungen vollbringen zu können. Hört sich heutzutage an wie Satire, war damals aber bitterer Ernst.

Der Roman beginnt an Heiligabend 1898 in der Königlichen Universitätskinderklinik im Dr.  Haunerschen Kinderspitals. Diese Klinik gibt es noch immer, sie heißt auch immer noch Kinderklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital. Wie ist die Klinik zum Schauplatz Ihrer Saga geworden und welche besondere Beziehung haben Sie zu diesem Ort?

Tatsächlich wurde meine Tochter 2012 im Haunerschen Kinderspital wegen einer sehr seltenen Tumorart operiert. Ich war damals unheimlich froh, dass man uns an die Universitätskinderklinik in München überwiesen hat. Die Zeit dort und auch die jahrelange engmaschige Überwachung waren sehr einprägsam. Kein Wunder also, dass mir die Haunersche Kinderklinik im Gedächtnis geblieben ist. Als mir zehn Jahre später bei einer Recherche in der Bayerischen Staatsbibliothek die Jahresberichte des Dr. von Haunerschen Kinderspitals aus der Zeit um die Jahrhundertwende in die Hände gekommen sind, war ich wie elektrisiert. Dort stand wortwörtlich für das Jahr 1898 geschrieben: Unter den Klängen eines Weihnachtsliedes erglänzte wieder in jedem einzelnen Krankensaal ein schön geschmückter Christbaum und jedes Kind wurde, je nach Bedürfnis, beschenkt. […] Die Freude so vieler kranker, oft todtkranker Kinder, die leuchtenden Auges sich an Baum und Gaben nicht satt sehen können, das ist ein Bild, das man nicht so leicht wieder vergessen wird. Genau so, nämlich im Krankensaal des Kinderspitals in der Lindwurmstraße ,beginnt nun mit der Bescherung um 10 Uhr vormittags des Heiligabends im Jahr 1898 der Roman.

Ina Bach Goldene Zeiten

Wie war die Reaktion der Klinik auf Ihre Romanidee?

Die finden es sehr spannend, dass ihr Krankenhaus Schauplatz eines Romans geworden ist. Prof. Dr. Oliver Muensterer, jetziger Direktor der Kinderchirurgischen Klinik und Poliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital, hat schon ein Buch bekommen und wird zu allen drei Bänden eine Rezension für das Hauner-Journal verfassen. Mit Guggy Borgolte vom Hauner-Verein bin ich auch in Kontakt. Auf dem diesjährigen Christkindlmarkt des Vereins am 19. Dezember werden signierte Exemplare für den guten Zweck verkauft. Den Verein zur Unterstützung des Dr. von Haunerschen Kinderspitals  – auch das habe ich bei der Recherche gelernt – gab es im Übrigen schon bevor Napoleon August Hauner das erste Münchner Kinderspital in einer angemieteten Wohnung in der Sonnenstraße 27 gegründet hat. Ich finde es fast kitschig schön, dass es den Verein immer noch gibt. Deshalb und wegen meiner Tochter bin ich auch Mitglied geworden und habe zum Erscheinen des Buches etwas gespendet. Mit August Hauner verbindet mich im Übrigen auch noch eine Kleinigkeit: Bevor er 1845 nach München übersiedelte, wo er schließlich das Kinderkrankenhaus gründete, das immer noch seinen Namen trägt, praktizierte er einige Jahre als Landarzt in Tann in Niederbayern – nur wenige Kilometer von dem Ort entfernt, wo ich geboren und aufgewachsen bin. Zufälle gibt‘s.

Hatten Sie bei der Recherche Unterstützung von Seiten der Klinik? Gibt es vielleicht sogar eine Art historisches Archiv, auf das Sie zurückgreifen konnten?

Ich war im Archiv der Universität und ich habe wegen einigen Details direkt in der Kinderklinik nachgefragt, also ja. Aber die wichtigste Quelle waren die Jahresberichte aus der damaligen Zeit, die in der Bayerischen Staatsbibliothek archiviert sind. Stadtarchiv, Staats- und Hauptstaatsarchiv und sogar dem Kriegsarchiv habe ich ebenfalls Besuche abgestattet. Außerdem sind alte Zeitungsberichte eine Goldgrube für Anekdoten. Bücher oder Dissertation, die über August Hauner oder Meinhard von Pfaundler, der ab 1906 Direktor der Haunerschen Kinderklinik war, habe ich natürlich auch gelesen. Sehr viel Information enthalten zum Beispiel auch gedruckte Antrittsreden oder Nachrufe.

Im Roman gelingt es Ihnen ganz wunderbar, dass die Leser*innen sich bildhaft in das Geschehen und die Zeit der Handlung hineinversetzen können. Wie versetzen Sie sich selbst ins München dieser Zeit? Wie entstehen die Bilder in Ihrem Kopf, damit Sie sie aufs Papier bringen können?

Hinfahren und reinspüren hilft immer, wenn es die Schauplätze noch gibt. Auch kommt es vor, dass ich mit geschlossenen Augen vor dem Bildschirm sitze und mir die Szenen als Film vorstelle. Alte Fotografien von Schauplätzen mit möglichst vielen abgebildeten Menschen beflügeln ebenfalls die Fantasie. Solche Abbildungen liebe ich, deshalb gibt es auf meiner Webseite www.ina-bach.com eine Zeitreise in Fotografien, die zu den Kapiteln im Buch passen. Nicht für alle, aber doch so einige.

Ina Bach Goldene Wege

Ina Bach ist ein Pseudonym, Sie haben als Regina Ramstetter bzw. Ina Resch bereits Kriminalromane veröffentlicht. Was ist der größte Unterschied bei der Arbeit an einem historischen Stoff im Gegensatz zur Spannungsliteratur?

Dass die Recherche noch aufwändiger ist. Ich habe schon bei meinen Krimis viel recherchiert, die Arbeit an den Münchner Ärztinnen war in der Beziehung nochmal eine ganz andere Hausnummer. Ein Beispiel: Man beschreibt eine Szene in der Lindwurmstraße, in der das Kinderspital liegt. Der Roman spielt im Jahr 1898. Die Protagonistin spaziert die Straße entlang. Da stellt sich natürlich die Frage, wie hat es da zu der Zeit ausgesehen? Gab es einen Gehsteig? Wie sah die Straße aus? Makadambelag oder Pflaster? Fuhr noch die Dampftrambahn oder schon die Elektrische? Man kann sich stundenlang mit solchen Details aufhalten, die am Ende nur mit drei Wörtern im Buch erwähnt werden. Ein Mittelmaß zu finden, ist da gar nicht so leicht.

Können Sie uns kurz skizzieren, wie es mit Lulu, Elsa und Fanny weitergeht? Natürlich, ohne zu viel zu verraten.

Das Königreich Bayern machte es den jungen Damen definitiv nicht leicht. Nur weil sie den Entschluss gefasst haben, Ärztinnen zu werden, geht ihr Traum noch lange nicht in Erfüllung. Lulu, Elsa und Fanny erleiden Enttäuschungen und Demütigungen, erleben Kurioses, erfahren die Liebe und müssen auf ihrem Weg Stein um Stein aus dem Weg räumen. Hinfallen, aufstehen, Krönchen richten, weitergehen, so könnte man ihren Kampf um die Verwirklichung ihrer Träume salopp umschreiben. Nur nicht unterkriegen lassen.

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