Ihr neuer Roman ist der Auftakt einer dreiteiligen historischen Familiensaga, in der Sie die Familiengeschichte einer bekannten Haferflocken-Firma verarbeiten. Wie kam Ihnen die Idee zu diesem Projekt?
Ich bin ein Landkind, von daher sind mir Getreidefelder in jeglicher Form bekannt. Hafer ist besonders schön, also haben wir oftmals die Körner direkt vom Feld gegessen. Die Spelze stachen dabei oft in den Gaumen, daher haben wir sie aufgebissen, um an den feinen Hafer zu gelangen. Meine Kindheit ist schon ein paar Tage her, doch irgendwie kam mir beim Frühstück von Haferflocken der Gedanke, wie man damals wohl auf die Idee kam, einzelne Körner in so hübsche und zarte Flocken zu pressen und wie das wohl geklappt hat, denn bei mir sind die Körner als Kind geradezu „explodiert“, wenn man sie platt gemacht hat. Von Neugierde gepackt, machte ich mich auf die Suche nach der Antwort.
Wie hat sich die Recherche gestaltet?
Die Recherche zur Familie Kölln und deren Firmengeschichte gestaltete sich recht schwierig. Es gab einen sehr großen Brand, der die komplette Fabrik und das Wohnhaus zerstörte, es gibt also aus dieser Zeit keine Firmendokumente oder Unterlagen. Gerade zu den Ehefrauen und den Geschwistern ist bei der Familiengeschichte wenig bekannt. Da musste ich Realität und Fiktion miteinander verknüpfen, um die damalige Zeit entsprechend einzufangen.
Für die Recherche zum Buch sind Sie extra von Ihrer Wahlheimat Mallorca nach Norddeutschland gereist. Worin begründet sich Ihre Faszination für diese Unternehmens- und Familiengeschichte?
Bevor ich nach Hamburg/Elmshorn reiste, habe ich alle zu Kölln erhältlichen Bücher auf die Insel bestellt. Darunter auch das Buch zum 125-jährigen Firmenjubiläum, darin erfuhr ich vom frühen Tod des Mühlenwerkbesitzers. Peter Ferdinand Köllns Ehefrau musste das Werk führen, bis ihr Sohn Peter Claus Kölln in der Lage war, das Werk zu übernehmen. Das erforderte in der damaligen Zeit Mut, Fingerspitzengefühl und Durchsetzungskraft zur gleichen Zeit. Wie die Witwe das geschafft hat, wollte ich erfahren, also reiste ich nach Norddeutschland und begab mich auf die Spuren der Familie. Im Industriemuseum Elmshorn bekam ich eine Fülle an Informationen, wie Elmshorn in dieser Zeit gewesen ist. Damit stand fest, diese Geschichte will ich schreiben.
Wie schwierig war es in der damaligen Zeit für Frauen, einen eigenen Betrieb nach dem Tod des Ehemannes zu führen?
Es war nahezu unmöglich, obwohl es in solchen Unglücksfällen natürlich immer wieder vorkam, dass mutige Frauen die Firmenleitung übernahmen, um den Betrieb für die Söhne zu erhalten. Diese Frauen mussten sehr schlau und unauffällig agieren, um das Patriarchat milde zu stimmen und nicht gegen sich aufzubringen.
Sind Sie während der Vorbereitung der Reihe auf besonders spannende, neue Erkenntnisse gestoßen, die die ursprüngliche Idee der Geschichte noch einmal anders beeinflusst haben?
Ich recherchiere vor Arbeitsbeginn sehr genau, zumindest für den ersten Band, der weitere Verlauf entwickelt sich dynamisch, da tatsächliche Begebenheiten und Fiktion vermischen und die Charaktere zum Leben erwachen und ein Eigenleben entwickeln. Ein spannender Umstand war allerdings beim großen Werksbrand. Es blieb nichts übrig, außer einem Schrank mit bestem Leinen. Es muss ein seltsames Bild abgegeben haben, den Schrank auf der Straße zu sehen, während alles andere ein Opfer der Flammen wurde. Die Geschichte und die Bedeutung des Schranks für die Ehefrau des damaligen Fabrikinhabers muss groß gewesen sein, ich habe das zumindest so empfunden, also habe ich ihm eine große Bedeutung gegeben.
Was verbinden Sie selbst mit Norddeutschland?
Ich war schon immer von Fernweh geplagt, Hafenstädte faszinieren mich. Hamburg und die Speicherstadt ganz besonders. Ich könnte stundenlang am Hafen sitzen und den ein- und ausfahrenden Schiffen zusehen. Allein beim Zusehen frage ich mich regelmäßig: Wohin fährt dieses Schiff? Woher kommt es? Wäre meine Wahlheimat nicht Mallorca mit seinem ebenfalls sehr schönen Hafen, wäre es wohl Hamburg geworden, wobei ich das Wetter auf Mallorca vorziehe, obwohl ich den „wilden Norden“ sehr gerne besuche.
Im Laufe der Trilogie begleiten wir drei sehr unterschiedliche Protagonistinnen, die alle Teil einer großen Familie sind. Wessen Geschichte hat Sie am meisten gefesselt?
Jede Geschichte hat ihre Besonderheit, ich kann mich beim besten Willen nicht entscheiden. Selbst die Nebenfiguren sind stark und zeigen, wie sehr manche Frau für ihr Glück kämpfte, obwohl ihnen fast alles verboten war. Jede für sich fand ihren Weg, die Regeln so zu beugen, um ans Ziel zu kommen.
Unter dem Pseudonym „Carmen Bellmonte“ veröffentlichten Sie gemeinsam mit einer Co-Autorin bereits eine historische Familiensaga, die vorwiegend in Spanien spielt. Inwiefern verändert sich Ihr Schreibprozess bei einem so umfangreichen Projekt, wenn Sie alleine schreiben?
Zu zweit teilt man sich die Arbeit, die Recherche, man entwirft zusammen die Geschichte, bis sie beiden gefällt, man muss genau planen, damit die Geschichte stimmig ist, da beide zeitgleich weiterschreiben. Jede muss wissen, was in der Perspektive der anderen zur gleichen Zeit passiert. Die Planung ist viel umfangreicher. Wenn ich allein schreibe, hängt die ganze Arbeit an mir, nicht nur das Schreiben, auch der Entwurf der Geschichte.
Es bietet aber auch die Freiheit, die Handlung einfach mal „laufen“ zu lassen und zu sehen, was geschieht. Solche Freiheiten sind zu zweit unmöglich, dafür hat man aber auch niemanden, der einem sagt, wo es klemmt, wenn man mal in der Geschichte feststeckt. Beide Schreibweisen haben Vor- und Nachteile.
Sie veröffentlichten bereits in verschiedenen Genres unter mehreren Pseudonymen. Wenn Sie zukünftig nur noch eine Richtung bedienen dürften, wofür würden Sie sich entscheiden?
Ich denke, ich würde das historische Genre wählen, denn darin kann man alles unterbringen: Liebe, Schicksal, aber auch Mord und Totschlag. Das habe ich beim Schreiben der beiden Familien-Sagas mit insgesamt sieben Bänden gelernt. Zudem lerne ich so viel bei der Recherche, was sehr bereichernd ist.
Was hat Sie beim Schreiben dieser neuen Reihe am meisten begeistert?
Wie alle Frauen ihren Weg finden, ihre Ziele trotz der Einschränkungen durchsetzen. Und es war Frauen damals fast alles verboten, das Radfahren ist nur ein kleines Beispiel dafür. Ich glaube, ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, dass es die eine oder andere Protagonistin gab, die sich nicht davon abhalten ließ. Das ist alles noch gar nicht so lange her. Alles, was wir inzwischen für selbstverständlich halten, war für die Frauen damals ein Kampf um ihre Individualität. Wir haben den mutigen Frauen von damals sehr viel zu verdanken.