Costanza Casati im Interview über den Schreibprozess zu ihrem Debütroman »Klytämnestra«
»Klytämnestra hat es mir besonders angetan, weil sie in den antiken Texten wirklich heraussticht: Sie ist kämpferisch und ehrgeizig, beschützt die, die sie liebt, wird aber auch gefürchtet und aufgrund ihrer Macht respektiert.«
Wie sah Ihr Schreibprozess für Klytämnestra aus? Hatten Sie eine spezielle Schreibroutine oder regelmäßige Rituale?
Wenn möglich, versuche ich jeden Tag zu schreiben. Das ist nicht immer ganz einfach, denn um etwas Gutes zu schreiben, muss ich ein gewisses Maß an Konzentration haben. Wenn ich mich nicht ausreichend auf die Geschichte fokussieren kann, betreibe ich stattdessen Hintergrundrecherche. Diese Recherche umfasst viele verschiedene Dinge, von der Lektüre von Büchern, deren Schreibweise und Charaktere ich inspirierend finde, über das Studium von Ausschnitten altgriechischer Poesie, bis hin zur Betrachtung der Kinematographie von Filmen, die ich liebe. Der größte Teil von Klytämnestra wurde während des Lockdowns geschrieben, so dass mich nicht allzu viel ablenken konnte. Ich habe das Buch ziemlich schnell geschrieben (mehr oder weniger in sieben Monaten), da diese Figuren schon lange in meinem Kopf existiert haben.
Wie sind Sie auf die Idee zu diesem Buch gekommen?
Ich habe mit vierzehn Jahren damit begonnen klassische Literatur zu studieren, während ich ein italienisches liceo classico besuchte. Damals lernte ich die faszinierenden Heldinnen der griechischen Mythologie kennen. Klytämnestra hat es mir besonders angetan, weil sie in den antiken Texten wirklich heraussticht: Sie ist kämpferisch und ehrgeizig, beschützt die, die sie liebt, wird aber auch gefürchtet und aufgrund ihrer Macht respektiert. Vor allem lässt sie sich aber von den Männern um sie herum nicht unterkriegen. Hier sind zwei Zitate (neben vielen anderen), die mich dazu inspiriert haben, über diese Figur zu schreiben:
Agamemnon über Klytämnestra in der Odyssee:
»Nichts ist scheußlicher doch, nichts unverschämter auf Erden,
Als ein Weib, entschlossen zu solcher entsetzlichen Schandtat,
Wie sie jene verübt, die Grausame! Welche den Liebling
Ihrer Jugend mit List hinrichtete!«
Klytämnestra nach der Ermordung Agamemnons in der Orestie:
»Mir brachte den Kampf, des ich lange schon gedacht,
Der alte Hader; doch die Zeit erst reifte ihn.
Hier steh ich nach dem Morde, wie ich ihn erschlug;
Ich hab es so vollendet und bekenn es laut […].«
Wie lange haben Sie an dem Buch gearbeitet?
Ich begann mit dem Schreiben von Klytämnestra während meines Masterstudiums in kreativem Schreiben an der Universität Warwick. Als ich eine Geschichte für das Modul »Historische Fiktion« einreichen musste, schrieb ich ein Stück über Klytämnestra und die Ermordung ihres Mannes und reichte letztendlich das ein, was die ersten Kapitel des Romans werden sollten.
Zwei Jahre später, nachdem ich als freiberufliche Drehbuchautorin gearbeitet habe, kehrte ich zu der Geschichte zurück und schrieb den ganzen Roman während des ersten Lockdowns. Griechenland während des Bronzezeitalters wurde in diesen Monaten der Isolation zu meiner ganzen Welt. Ich wachte auf und dachte an Klytämnestra und als ich dann ins Bett ging, schwirrten die Figuren in meinem Kopf herum. Es war eine schwierige Zeit, die jedoch voller Freude und Kreativität war.
Was war Ihr großer Durchbruch im Verlagswesen? Wie verlief der Publikationsprozess (Suche nach einem Agenten, Einreichen von Manuskripten, usw.)?
Bevor ich Klytämnestra bei Agenten einreichte, absolvierte ich den Curtis Brown Creative-Kurs über die Präsentation eines Romans. Ich lernte alles Mögliche über das Lektorat, Exposés und Pitchs.
Mir wurde klar, dass ich trotz all der Workshops zum kreativen Schreiben, die ich besucht habe, nichts über die Präsentation eines Romans wusste. Ich studierte die Wunschlisten aller Literaturagenten und wählte sorgfältig eine begrenzte Anzahl aus, bei denen ich mich bewerben wollte. Innerhalb weniger Tage erhielt ich eine erste Anfrage zu meinem Manuskript, der schnell drei weitere folgten.
Nach der dritten Anfrage fasste ich den Mut, mich bei meiner Traumagentin zu bewerben. Sie stand die ganze Zeit über ganz oben auf meiner Liste, aber ich konnte mich bis dahin nicht dazu durchringen, ihr eine E-Mail zu schicken.
Nachdem ich ihr mitgeteilt hatte, dass ich andere Manuskriptanfragen erhalten habe, antwortete sie sehr schnell (innerhalb einer Stunde!) und fragte, ob sie das Manuskript ebenfalls lesen könne. Drei Tage später schickte sie eine E-Mail mit der Bitte um ein Zoom-Meeting und bot mir dann ihre Vertretung an. Das fühlte sich für mich wie mein großer Durchbruch im Verlagswesen an.
Es folgte eine sehr schnelle und intensive Überarbeitungsrunde, bevor Klytämnestra auf den Schreibtischen der Lektoren landete. Nach drei Tagen – in denen ich wie besessen meine E-Mails aktualisierte – erhielt ich einen Anruf von meiner Agentin. Sie teilte mir mit, dass Penguin Michael Joseph das Verkaufsrecht für mein Buch haben wollte. Ich halte diesen Tag immer noch für den besten meines Lebens.
Was begeistert Sie am meisten daran, dass Ihr Buch im Jahr 2023 erscheinen wird?
Die Begegnungen mit meinen Leserinnen und Lesern!
Haben Sie ein Lieblingsbuch oder einen Lieblingsautor/eine Lieblingsautorin?
Meine absoluten Lieblingsautorinnen sind Elena Ferrante, aufgrund ihrer brillanten Art weibliche Freundschaft zu beschreiben, Margaret Atwood, aufgrund ihrer intimen, lyrischen Prosa, Madeline Miller, die in ihren Romanen die antike Welt zum Leben erweckt, Chimamanda Ngozi Adichie, aufgrund der Art, wie sie das Persönliche mit dem Politischen verbindet und Gillian Flynn, aufgrund ihrer fehlerhaften, brutalen und rücksichtslosen Heldinnen.
Einige meiner Lieblingsbücher sind Die geheime Geschichte, Das Lied des Achill, Alias Grace, Das Buch Ana und Die Hälfte der Sonne.
Was hat Sie dazu inspiriert, Schriftstellerin zu werden?
Die Autoren und Autorinnen, die ich als Kind gelesen und geliebt habe, haben mich dazu inspiriert Schriftstellerin zu werden. Von Christopher Paolini über Cornelia Funke bis zu J.K. Rowling.
Was wollten Sie werden, als Sie aufgewachsen sind und warum?
Soweit ich mich zurückerinnern kann, wollte ich immer Schriftstellerin werden. Ich denke oft an etwas, das Donna Tartt einmal in einem Interview gesagt hat und das mich sehr berührt hat: »Schreiben ist für mich fast eine andere Art des Lesens, nur eine Ebene tiefer. Kaum hatte ich angefangen zu lesen – und ich habe sehr früh gelesen – begann ich auch zu schreiben.«
Wenn Sie in der Zeit zurückreisen und Ihrem früheren Ich einen Rat geben könnten, wie würde dieser lauten und warum?
Etwas, das ich noch immer lernen muss: Nicht jeder kann dich mögen – und das gilt ganz besonders für das Schreiben. Nicht jeder wird mögen, was du schreibst. Also versuche einfach ehrlich und echt zu sein. Dann hat man weniger Angst, ist glücklicher und wird infolgedessen ein besserer Autor/eine bessere Autorin.
Was ist die beste Lektion/der beste Tipp zum Schreiben, den Sie je erhalten haben?
Ein Zitat von Stephen King: »Fiktion ist die Wahrheit in der Lüge. Wenn Sie in allem, was Sie schreiben, die Wahrheit und das schlagende emotionale Herz finden können, wird das Buch glänzen.«
Das Originalinterview wurde mit Penguin Random House geführt.
Die Nutzung des Interviews oder von Auszügen daraus ist nach Rücksprache mit der Presseabteilung möglich.
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Sarah Bergius