Ihre Berlin-Trilogie veranschaulicht auf spannende Weise die deutsch-deutsche Vergangenheit. Was hat Sie dazu bewegt, sich der Geschichte der DDR zu widmen?
Ich bin in Leipzig geboren und als DDR-Kind in Magdeburg und Ostberlin aufgewachsen. Ich kenne den verführerischen Duft von Westpaketen, Fahnenappelle in der Schule, den Anblick der Mauer und der bewaffneten Grenzer in Berlin. Die Geschichte der DDR hat etwas mit meinem Leben zu tun, sie interessiert mich persönlich. Spannend war es für mich, die Rolle der Geheimdienste zu recherchieren und die Zusammenhänge auf politischer Ebene. Und es hat mir Freude gemacht, Menschen wie Erich Honecker, Alexander Schalck-Golodkowski, Willy Brandt, Leonid Breschnew oder Wladimir Putin als Romanfiguren zu gestalten.
Warum haben Sie sich dafür entschieden, Wladimir Putin als Charakter in die Geschichte zu integrieren? Hat sich die Recherche zu seinen Tätigkeiten in der DDR als schwierig herausgestellt?
Die Frage war für mich nicht, ob ich von ihm erzähle, sondern wie. Er ist arm aufgewachsen, seine Geschwister starben im Kindesalter. Mit 32 Jahren kam er nach Dresden, seine Frau kam nach, schwanger mit der zweiten Tochter. Eine junge Familie im Ausland, mit einer schwierigen Aufgabe. Aber dieselbe Geschichte lässt sich auch anders beginnen: Schon als Schüler bewarb er sich beim KGB, und während seiner fünf Jahre in Dresden wurde er zweimal befördert, erst zum Major, dann zum Oberstleutnant, ein untypisch schnelles Emporsteigen auf der Karriereleiter. Seine Arbeit für die Verwaltung "S" (Verdeckte Aufklärung) versucht er inzwischen zu verschleiern, und auch die "Operation Strahl" wird kleingeredet. Von den fünf KGB-Offizieren, die mit ihm in Dresden stationiert waren, arbeiten heute drei als hohe Kader in seinem engsten Umfeld, darunter der oberste Waffenproduzent des Landes.
Warum ich über Putin erzähle? Wenn ich vom Jahr 1989 und dem Zusammenbruch der DDR berichte, komme ich an Putin nicht vorbei. Das Gebäude, in dem der KGB saß, existiert noch, ich war dort. Auch Putins Wohnhaus in Dresden, ein Plattenbau in der Radeberger Straße 101, steht heute noch. Seine Aufgaben in der Dresdner Zeit versucht man zu verschleiern. Glücklicherweise haben in den letzten Jahren Journalisten wie Andreas Förster und Catherine Belton neue Details ans Licht befördert.
Auch fiktive Figuren gibt es, vor allem das Mutter-Tochter-Gespann Ria und Annie spielt eine große Rolle. Wie haben sich ihre Charaktere im Laufe der drei Bücher entwickelt?
Ria ist zu Beginn zwanzig und lebt ein scheinbar angepasstes Leben. Aber was man ihrer Familie angetan hat, lässt ihr keine Ruhe. Als der Bundesnachrichtendienst sie anspricht, beginnt sie, ihren Vorgesetzten Alexander Schalck auszuspionieren. Die Welt der Geheimdienste ist ihr allerdings fremd. Wenn sie überleben will, muss sie schnell lernen, sich darin zurechtzufinden. Im Laufe der Romane begreift sie, dass sie sich auch ihrer eigenen Schuld stellen muss, und sucht die Versöhnung mit ihrer Tochter.
Annie lernen wir als Vierjährige kennen, später als DDR-Leistungssportlerin. Auch ihr Leben bleibt nicht unbehelligt: Sie fliegt von der Sportschule und wird von den Wettkämpfen ausgeschlossen. Annie tut sich mit einem Dokumentarfilmer zusammen und beginnt, im Friedenskreis gegen die Wahlfälschungen in der DDR aufzubegehren. Tief verwundet, wie sie ist, sucht sie ihre Sicherheit in der Liebe. Es dauert einige Zeit, bis ihr klar wird, dass es da etwas in ihr drin aufzuräumen gibt, das sie nicht an den Geliebten delegieren kann.
Auf welche weiteren Herausforderungen sind Sie beim Schreiben von „Der letzte Auftrag“ gestoßen?
Die größte Herausforderung beim Schreiben eines Romans liegen immer in der Innenwelt des Autors. So war es auch hier. Mich lähmen oft Selbstzweifel. Ich musste Wege finden, mir eine kreative, spielerische Haltung zu bewahren, auch bei einem derart ambitionierten Projekt.
Welche Rolle spielten in der Entstehung Ihres dritten Spionin-Buches die Anregungen Ihrer Leser*innen?
Da sind zuerst die professionellen Leser, in diesem Fall meine beiden Lektoren Oskar Rauch und Gunnar Cynybulk, die sehr früh gesagt haben, dass ihnen der Erzählstrang zu Putin besonders gut gefällt. Also habe ich ihn erweitert. Aber mich haben auch einige Berlin-Kenner beraten, und Freunde hatten Tipps, was die Rolle der Stasi-Offizierin Marga Dierks angeht. Natürlich versuche ich, die Geschichte als spannenden Spionage-Thriller zu erzählen und achte auf die Wünsche der Leser*innen, die ich zum Beispiel in den Leserunden zu den beiden Vorgängerromanen kennengelernt habe.
Wie fühlt es sich an, Ihre Spionin-Reihe mit „Der letzte Auftrag“ abzuschließen, und welche Erfahrungen nehmen Sie aus diesem Projekt mit in die Zukunft?
Für mich ist vor allem großartig, dass ich selbst über die Zeit von Mauerbau bis Mauerfall so viel Neues erfahren durfte.